Fasten aus biblischer Sicht
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Fasten aus biblischer Sicht – 4 hilfreiche Prinzipien

Es gibt in unserem Leben als Christen verschiedene Gelegenheiten, die uns geistlich besonders herausfordern und uns auch ganz besonders zum Gebet auffordern. Zum Beispiel können große, lebensverändernde Entscheidungen anstehen, oder ein geliebter Mensch leidet und braucht unsere spezielle Fürbitte.

Hierbei kann das Fasten eine gute Hilfe sein. Fasten bedeutet, kurz gesagt, auf etwas – wie ein paar Mahlzeiten – zu verzichten, um sich intensiver dem Gebet und der Andacht zu widmen.

Ich persönlich habe ein paar Male in meinem Leben, aufgrund ganz wichtiger Gebetsanliegen, gefastet, indem ich auf Nahrung verzichtet habe. Allerdings war das Ergebnis jedes Mal, dass ich (aufgrund einer chronischen Erkrankung) bereits nach einem Tag äußerst heftige Kopfschmerzen und so starke Übelkeit bekam, dass ich das Fasten vorzeitig beenden musste.

Nicht jeder Christ ist gesundheitlich in der Lage auf diese Weise zu fasten. Daher ist es, wenn ich den Sinn des Fastens und Stellen wie Jesaja 58,3ff. betrachte, naheliegend, dass sich Fasten zwar vorrangig, aber nicht ausschließlich auf den Verzicht von Nahrung bezieht. Derselbe Sinn wird auch durch den Verzicht auf andere Dinge erreicht. Zudem kann man darüber streiten, ob das Fasten eine Vorschrift ist, die jedem Christen gilt, oder ob es sich vielmehr um eine Empfehlung unter gewissen Voraussetzungen und Umständen handelt.

Letztendlich wird in der Bibel nichts darüber gesagt, wie lange man fasten sollte, und was genau das Fasten als „Verzicht“ alles umfasst.

Ich habe einmal von einem Ältesten gehört, der Jesu Fasten aus Matthäus 4,2 als Aufforderung verstand, um ebenfalls 40 Tage und Nächte ohne Nahrung und Wasser auszukommen, und der nach 25 Tagen verstarb (siehe hier) . Sein Fasten hatte ihm tatsächlich das Leben gekostet.

So sehr man Hingabe und Opferbereitschaft auch schätzen sollte, gehört auch immer eine gewisse Logik und Verantwortlichkeit zum Fasten. Wenn davon berichtet wird, dass Jesus vierzig Tage und vierzig Nächte fastete, dann bin ich sehr sicher, dass dies bedeutet, dass Jesus in bestimmter Weise auf Nahrung verzichtet hat – allerdings nicht auf Flüssigkeit. Auch wenn Jesus Gottes Sohn ist, ist er doch auch wahrer Mensch geworden, und damit unterlag er allen menschlichen Einschränkungen. Deshalb bin ich ziemlich sicher, dass er in seinem physischen Körper nicht in der Lage gewesen wäre, vierzig Tage und vierzig Nächte vollkommen ohne Wasser zu überleben.

Es ist also wichtig, dass wir uns erkundigen und über das Fasten informieren, bevor wir so etwas Außergewöhnliches wagen und dabei unsere Gesundheit riskieren.

Warum sollten wir fasten?

Tatsächlich ist Fasten nicht nur im christlichen oder religiösen Bereich ein großes Thema. Es gibt unzählige Bücher, Studien und Vorträge über die Vorteile eines bewussten Verzichts auf Nahrung. Insbesondere Sportler nehmen dieses Thema vermutlich ernster als sonst jemand; in den meisten Gemeinden ist es kaum noch ein Thema.

Auch wenn Christen durchaus aus reinen gesundheitlichen Aspekten fasten dürfen, ist für uns jetzt nicht der gesundheitliche Aspekt wichtig, sondern der geistliche (weshalb ich gleich, um es verständlicher zu machen, vom „geistlichen Fasten“ spreche).

Dabei muss uns bewusst sein, dass Fasten nichts leichtes ist. Es ist mit viel Disziplin verbunden. In der Bibel wird intensives Gebet, Reue oder Trauer sehr häufig vom Fasten begleitet (vgl. Ri 20,26; 1Sam 7,6; 2Sam 1,12; Esra 8,23; Apg 13,2). Fasten ist harte Arbeit, es erfordert Ausdauer und Entschlossenheit.

Aber gerade deshalb hat das Fasten eine heilende Wirkung auf die Seele des Christen. Was das Fasten in Bezug auf Nahrung betrifft, gibt es Zeiten, in denen es unangebracht wäre (vgl. Mk 2,18). Dazu gehören zum Beispiel Schwangerschaft oder, wie schon erwähnt, Zeiten der Krankheit oder der Schwäche, in denen wir körperlich fit und gestärkt sein müssen. Hier wäre es unklug, auf Nahrung zu verzichten und sich stattdessen, wenn nötig, etwas anderes zu suchen, auf das man verzichtet. Dennoch ist das Fasten als Verzicht eine wichtige geistliche Übung, die wir viel ernster nehmen sollten.

Wie sollten wir fasten?

In der Bibel werden mindestens zehn Gründe für das Fasten genannt, und die meisten haben mit dem Gebet zu tun. Der häufigste Fehler beim Fasten besteht darin, ohne konkreten Grund oder Anlass zu fasten. Es ist für uns wesentlich leichter, einen bestimmten Grund vor Augen zu haben, sobald sich die Herausforderungen des Fastens einstellen – wie beispielsweise unser Hunger, der sich bemerkbar macht. Fastet man aus einem bestimmten Grund, dann ist man nicht einfach hungrig, weil man fastet, sondern weil man wegen diesem oder jenem Anliegen fastet. Zudem wirkt der Hunger während des Fastens wie ein Timer, der uns daran erinnert, dass wieder Zeit zum Beten ist.

Das Fasten kann auch dazu dienen, dass wir unser Gebet mit mehr Bedacht beten, ohne abgelenkt zu werden – wie zum Beispiel von der Müdigkeit nach einer Mahlzeit, etwas das wir alle kennen. Und wenn man häufiger für eine Person oder eine Sache betet, wird das Gebet von Mal zu Mal tiefgründiger und ernsthafter. Auf diese Weise eröffnet uns das Fasten in Verbindung mit dem Gebet Aspekte und Blickwinkel, die wir sonst vielleicht niemals sehen würden.

Die Gefahren des Fastens

Eine große Gefahr des Fastens besteht darin, dass wir es nicht im Hinblick auf das Evangelium tun.

Wie bereits erwähnt können wir durch unser Fasten weder Gott imponieren noch ihn in seiner Meinung zu etwas umstimmen. Wir sollten als Christen, wenn wir fasten oder beten, dies einzig und allein im Vertrauen auf die Hingabe und das Opfer Jesu Christi tun und nicht im Vertrauen auf unsere eigene Hingabe oder unser Opfer.

Durch das Fasten drücken wir unsere Ernsthaftigkeit hinsichtlich unseres Anliegens aus, aber es darf nicht als geistliche Leistung verstanden werden, auf die Gott mit einer entsprechenden Gegenleitung reagieren müsse – nach dem Prinzip: Ich verzichte auf Nahrung, deshalb muss Gott auch mein Gebet erhören!

In Jesaja 58,3-7 führt Gott uns vor Augen, dass ein Fasten, das ihm gefällt, nicht einfach nur ein Verzicht auf etwas Bestimmtes ist, um sich andere, größere Segnungen zu sichern, die er sonst nicht geben würde. Jesaja macht deutlich, dass ein Fasten, das Gott gefällt, nicht äußerlich zu erkennen ist, sondern einer inneren Haltung entspringt; es ist ein „Ausdruck der Überzeugung, dass meine Wege falsch und Gottes Wege richtig sind, ob er nun etwas für mich tut oder nicht“ (John N. Oswald).

Neben der Gefahr, dass wir das Fasten als eine Leistung sehen, durch die wir Gott „manipulieren“ wollen, kann es auch sein, dass wir das Fasten dahingehend missbrauchen, um andere Menschen oder uns selbst davon zu überzeugen, wie fromm wir sind. Diese Haltung verurteilte Jesus bei den Pharisäern, die ihr Fasten und auch ihr Beten nach außen hin zeigten, um besonders viel Anerkennung zu bekommen.

Unser Fastens soll etwas sein, das nur uns und Gott etwas angeht. In Markus 6,16 sagt Jesus, dass niemand sehen soll, dass wir fasten. Zudem sollen wir, wenn wir auf etwas verzichten, dies zum Wohl anderer tun – der Unterdrückten, der Bedürftigen und der Hilflosen –, und nicht um unserer eigenen Religiosität willen (vgl. Jes 58,6-7).

Viele Fragen und Überlegungen hätten sich vermutlich schon erübrigt, wenn wir mit der richtigen Motivation fasten würden.

Segnungen des Fastens

Das Fasten erinnert uns daran, dass wir abhängige Geschöpfe sind. Wir haben unser Leben nicht selbst in der Hand, sondern sind von Gottes Versorgen abhängig. Gott hat uns auf diese Weise geschaffen, aber in einer Zeit, in der wir alles sofort und per Knopfdruck bekommen können, passiert es leicht, dass wir diese Wahrheit aus den Augen verlieren.

Das Fasten erinnert uns daran, dass wir als Geschöpfe von unserem Schöpfer abhängig sind. Durch das Fasten drücken wir unsere Überzeugung aus, dass wir geschmeckt und gesehen haben, dass der Herr gut ist (Ps 34,8) – und zwar so gut, dass es für uns Zeiten gibt, in denen wir liebend gerne auf Dinge verzichten, um Gott näher zu sein.

Burk Parsons schreibt: „Das Fasten ist ein vorübergehender körperlicher Beweis dafür, dass wir an die Wahrheit glauben, die das Evangelium verkündet, nämlich: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt“ (Mt 4,4).

Ein weiterer Segen des Fastens ist die daraus resultierende Selbstbeherrschung. Selbstbeherrschung kommt nicht über Nacht, sie muss erlernt werden. Dabei ist sie wie ein Muskel, der immer stärker wird, je häufiger man ihn einsetzt. Selbstbeherrschung wirkt sich auch auf andere Bereiche in unserem Leben aus. Nach 2. Petrus 1,6 bewirkt die Selbstbeherrschung standhaftes Ausharren, das wiederum zur Gottesfurcht führt. Kurz gesagt: Die Selbstbeherrschung und Enthaltsamkeit bewirken, dass wir in der Heiligung wachsen (vgl. Gal 5,22-23).

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Fasten eine gute Praktik ist, um das eigene Herz vor Gott zu demütigen, die Abhängigkeit von ihm auszudrücken und sich der inneren Haltung vor Gott bewusst zu werden. Allein unser Fasten wird Gott nicht dazu bewegen, etwas zu tun, das er ohne das Fasten nicht tun würde, aber es ist ein äußerlicher Ausdruck des inneren Verlangens, dass Gott seine Gnade im Leben anderer sichtbar werden lässt, und zwar nicht entsprechend unserer Vorstellung, sondern auf die Weise, die Gott gefällt.

Durch das Fasten können wir lernen, nicht so leicht unseren eigenen Wünschen und Begierden nachzugeben, sondern stattdessen Gottes Wert und Willen höher zu schätzen als alles andere. Das ist herausfordernd, aber oftmals nötig. Doch aufgrund dieser teils physischen Herausforderung ist nicht jeder Christ zum Verzicht auf Nahrung geeignet, weshalb man in vielerlei Hinsicht fasten kann, um die oben beschriebenen Ziele zu erreichen – sei es Verzicht auf Geld, Annehmlichkeiten, Medien, Kaffee, Sex oder anderen Dinge, die uns lieb und für uns schwer verzichtbar sind (vgl. 1Kor 7,5).


© Herold Mission

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