Sünde wird dich niemals glücklich machen

»Du bist gestorben« (Kolosser 3,3). »Ich bin mit Christus gekreuzigt« (Galater 2,20).

Was bedeuten diese Aussagen der Bibel? Was genau starb, in dem Moment, als ich Christ wurde? Die Antwort lautet: Mein »Fleisch«. »Die aber dem Christus Jesus angehören, haben das Fleisch samt den Leidenschaften und Begierden gekreuzigt« (Gal 5,24). Doch was genau ist mit »Fleisch« gemeint? Meint das meine Haut, meinen Körper? All dies kann als ein Werkzeug der Gerechtigkeit dienen (vgl. Röm 6,13). Aber darum geht es nicht.

Die Antwort auf diese Frage sehen wir an den Werken, die das Fleisch hervorbringt: »Die Werke des Fleisches sind Unzucht, Götzendienst, Streitigkeiten, Feindschaften, Eifersucht und so weiter« (Gal 5,19-21). Es geht also in erster Linie um eine innere Haltung und nicht nur um äußere unmoralische Handlungen.

Was ist das »Fleisch«?

Die hilfreichste biblische Definition von »Fleisch« lesen wir in Römer 8,7-8: »Weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie kann das auch nicht. Die aber, die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen.« Das »Fleisch« bezeichnet mein altes Ich, das von Natur aus gegen Gott rebellierte. »Im Fleisch« war ich Gott gegenüber feindlich und ungehorsam. Ich  lehnte die Vorstellung ab, von der Sünde infiziert zu sein. Ich leugnete die Vorstellung, dass mein größtes Bedürfnis darin liegt, dass jemand von außen kam, um mich zu heilen. »Im Fleisch« vertraute ich auf meine eigene Weisheit und nicht auf die Weisheit Gottes. Nichts, was ich »im Fleisch« tat, konnte Gott gefallen, da wir ohne Glauben Gott niemals gefallen können (vgl. Hebr 11,6). Das Fleisch tut nichts aus Glauben.

Also ist »das Fleisch« mein altes selbstständiges, treuloses Ich. Und genau dieses »Fleisch« starb, als Gott mich errettete. Gott kappte die Arterien meines alten ungläubigen Herzens aus Stein. Und als es starb, nahm er es weg und gab mir ein neues Herz (vgl. Hes 36,26).

Worin besteht der Unterschied zwischen diesem neuen lebendigen Herzen und dem alten? Die Antwort wird uns in Galater 2,20 gegeben: »Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben, und zwar im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.« Das alte Herz vertraute auf sich selbst; das neue Herz vertraut täglich auf Christus.

Bekämpfe die Sünde, indem du auf Christus vertraust

Wie bekämpfen Gläubige die Sünde? Sie bekämpfen die Sünde, indem sie auf den Sohn Gottes vertrauen. Sie sind Satans Lügen gegenüber tot. Lügen wie: Du wirst glücklicher sein, wenn du deinen eigenen Vorstellungen vertraust, was dich glücklich machen kann, anstatt dass du den Ratschlüssen und Verheißungen Christi glaubst. Christen sind dieser Versuchung gestorben. Das Mittel, mit dem sie Satan bekämpfen, besteht im Vertrauen darauf, dass die Pfade und Verheißungen Christi besser sind als die Versuchungen und Versprechen Satans. Diesen Kampf gegen die Sünde nennt die Bibel den »Kampf des Glaubens« (vgl. 1.Tim 6,12; 2.Tim 4,7). Die Siege, die bei diesem Kampf errungen werden, sind »die Werke des Glaubens« (vgl. 1.Thess 1,3; 2.Thess 1,11). In diesem Kampf werden Gläubige »durch den Glauben geheiligt« (vgl. Apg 26,18).

Lassen Sie uns nun über diesen »Kampf des Glaubens« nachdenken. Dieser Kampf ist kein Spiel – denn es geht um die Ewigkeit, die hier auf dem Spiel steht. Römer 8,13 ist hierbei ein wichtiger Vers: »Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben.« Dieser Satz wurde an bekennende Christen gerichtet und soll ihnen verdeutlichen, dass unser ewiges Leben von unserem Kampf mit der Sünde abhängt. Es bedeutet nicht, dass wir uns das ewige Leben dadurch verdienen, dass wir die Sünde töten. Nein, wir kämpfen »durch den Geist«, daher wird Er auch die Ehre erhalten und nicht wir.

Römer 8,13  sagt auch nicht aus, dass wir mit Angst und Unsicherheit kämpfen müssten, da wir den Ausgang unseres Kampfes nicht kennen. Im Gegenteil; denn während wir kämpfen, haben wir die sichere Gewissheit, »dass der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollenden wird bis auf den Tag Christi Jesu« (vgl. Phil 1,6). Paulus stellt in Römer 8,13 auch nicht die Behauptung auf, dass wir nun in unserem Sieg über die Sünde vollkommen sein müssen. Er widerspricht jedem Anspruch auf Perfektion, indem er sagt: »Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet bin; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, weil ich auch von Christus Jesus ergriffen bin« (Phil 3,12).

Gott erwartet den Kampf

Römer 8,13 fordert uns nicht zur Sündlosigkeit auf, sondern zu einem Kampf gegen die Sünde, bis zum Tod. Das ist äußerst wesentlich im Leben eines Christen. Andernfalls können wir keine Beweise vorzeigen, dass unser Fleisch tatsächlich gekreuzigt wurde. Und wenn das Fleisch nicht gekreuzigt wurde, gehören wir nicht zu Christus (vgl. Gal 5,24). Der Einsatz in diesem Kampf ist sehr hoch. Wir spielen keine Kriegsspiele. Es geht um Himmel oder Hölle.

Wie können wir aber nun »die sündigen Werke des Leibes töten«? Wir haben bereits geantwortet: »Durch den Glauben!« Aber was bedeutet das genau? Wie bekämpfen wir die Sünde im Glauben?

Nehmen wir einmal an, dass ich zur Sünde versucht werde. Einige sexuelle Bilder tauchen in meinem Gehirn auf und fordern mich auf, ihnen zu folgen. Die Versuchung erhält dadurch ihre Macht, dass sie mich glauben lässt, ich wäre glücklicher, sobald ich ihr nachgäbe. Jede Versuchung bezieht ihre Macht aus der Hoffnung, durch sie glücklich zu werden. Niemand von uns sündigt aus Pflichtgefühl, wenn er eigentlich das Richtige tun will.

Wie sollte ich mich also verhalten? Einige würden sagen: »Erinnere dich an Gottes Befehl, heilig zu leben (vgl. 1.Petr 1,16) und übe dann, Gott zu gehorchen, weil Er Gott ist!« Allerdings lässt dieser Ratschlag eine wichtige Komponente außer Acht: den Glauben! Viele Menschen streben nach moralischer Verbesserung, die jedoch nicht von sich sagen können: »Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben« (Gal 2,20). Viele Menschen versuchen, sich in Nächstenliebe zu üben, vergessen dabei aber, dass der »durch Liebe gewirkte Glaube« entscheidend ist (vgl. Gal 5,6). Der Kampf gegen Lust (oder Gier, Furcht oder irgendeine andere Versuchung) ist ein Kampf des Glaubens. Alles andere führt zur Gesetzlichkeit.

Die Sünde durch den Glauben bekämpfen

Wenn die Versuchung kommt, sagt Römer 8,13, dann töte sie durch den Geist, und du wirst leben. »Durch den Geist!« Was bedeutet das? Die Waffenrüstung Gottes, die Er uns im Kampf gegen Satan gegeben hat, enthält nur eine Waffe, die uns fähig macht, zu töten : das Schwert. Es wird »das Schwert des Geistes«genannt (vgl. Eph 6,17). Wenn Paulus also sagt: »Töte die Sünde durch den Geist«, dann bedeutet das: »Sei vom Geist abhängig, insbesondere von seinem Schwert!«

Was aber ist das Schwert des Geistes? Ganz schlicht und einfach das Wort Gottes (vgl. Eph 6,17). Hier kommt nun der Glaube ins Spiel. »Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch das Wort Christi« (vgl. Röm 10,17). Das Wort Gottes durchbricht den Nebel von Satans Lügen und zeigt mir, wo wahre und bleibende Freude zu finden ist. Und so hilft mir das Wort dabei, nicht mehr daran zu glauben, dass die Sünde mich glücklich machen könnte, und es hilft mir, stattdessen, Gottes Verheißungen zu vertrauen (vgl. Ps 16,11).

Ich frage mich, wie viele Gläubige heute realisieren, dass der Glaube nicht nur beinhaltet, dass Christus für unsere Sünden starb, sondern dass er auch das Vertrauen enthält, dass Gottes Wege weit besser sind als alle Verlockungen der Sünde. Sein Wille ist weiser, seine Hilfe ist sicherer, seine Verheißungen sind kostbarer und seine Belohnungen sind befriedigender. Der Glaube beginnt mit einer rückwärtigen Schau auf das Kreuz, aber er lebt mit einem nach vorn gewandten Blick auf Gottes Verheißungen. Abraham »wurde gestärkt im Glauben, weil er Gott die Ehre gab. Und er war völlig gewiss, dass er, was er verheißen habe, auch zu tun vermöge« (Röm 4,20-21). »Der Glaube aber ist eine Wirklichkeit dessen, was man hofft« (Hebr 11,1).

Wenn der Glaube in meinem Herzen die Oberhand behält, dann bin ich mit Christus und seinen Verheißungen zufrieden. Das ist es, was Jesus meinte, als er sagte: »Wer an mich glaubt, wird nie mehr dürsten« (Joh 6,35). Wenn mein Durst nach Freude und Bedeutung und Leidenschaft durch die Gegenwart und Verheißungen Jesu gestillt ist, dann ist die Kraft der Sünde durchbrochen. Wir würden kein Sandwich annehmen, wenn wir ein Steak auf dem Grill brutzeln sehen.

Zufriedenheit tötet Sünde

Der Kampf des Glaubens ist der Kampf, mit Gott allein zufrieden zu sein. »Durch Glauben weigerte sich Mose, als er groß geworden war, ein Sohn der Tochter des Pharao zu heißen, und zog es vor, lieber zusammen mit dem Volk Gottes geplagt zu werden, als den zeitlichen Genuss der Sünde zu haben, indem er die Schmach des Christus für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens; denn er schaute auf die Belohnung« (Hebr 11,24-26). Der Glaube ist nicht mit »zeitlichen Genüssen« zufrieden. Er ist begierig nach Freude. Und das Wort Gottes sagt, dass bei Ihm allein »Fülle von Freuden« ist (vgl. Ps 16,11). In diesem Sinne ist der Glaube die Kraft, durch die wir die Sünde überwinden.

Die Aufgabe von Gottes Wort ist es dabei, den Hunger des Glaubens nach Gott zu nähren. Und indem es das tut, bringt es mein Herz weg von dem betrügerischen Geschmack der Sünde. Zunächst versucht diese, mich auszutricksen, indem sie mir das Gefühl gibt, dass ich eine wirklich große Befriedigung verpassen würde, wenn ich ihr nicht folge. Aber dann ergreife ich das Schwert des Geistes und beginne zu kämpfen.

Und Gottes Wort sagt mir, dass es besser ist, mir ein Auge auszureißen, als der Lust nachzugeben (vgl. Mt 5,29). Sein Wort sagt, dass, wenn ich über die Dinge nachdenke, die rein und liebenswert und wohltuend sind, der Friede Gottes mit mir sein wird (vgl. Phil 4,7-8). Es sagt mir, dass es mir den Tod bringt, wenn meine Gesinnung auf das Fleisch ausgerichtet ist, während die Gesinnung des Geistes mir aber Leben und Frieden bringt (vgl. Röm 8,26). Und während ich bete, dass mein Innerstes, im Glauben an Gottes Verheißungen, mit Gottes Leben und Frieden zufrieden sein möge, schabt das Schwert des Geistes die Zuckerkruste von der Oberfläche der Lust, sodass ihr Gift zum Vorschein kommt und ich sie nun als das ansehe, was sie wirklich ist. Somit wurde durch die Gnade Gottes ihre verlockende Macht gebrochen.

Vorwärts-schauender Glaube

Auf diese Weise bekämpfen wir die Sünde. Das bedeutet es, ein Christ zu sein. Unser altes, ungläubiges Ich (das Fleisch) ist gestorben. An seine Stelle ist eine neue Schöpfung getreten. Was sie neu macht, ist »der Glaube«. Der Glaube schaut nicht nur zurück auf den Tod Jesu, sondern er schaut auch nach vorne auf die zukünftige Erfüllung seiner Verheißungen. Der Glaube ist nicht nur sicher, dass Gott etwas getan hat, sondern er ist auch mit dem zufrieden, was Er noch tun wird.

Während die Ewigkeit auf dem Spiel steht, kämpfen wir den Kampf des Glaubens. Unser Hauptfeind ist die Lüge, die uns einflüstert, dass die Sünde uns heute glücklicher macht. Unsere Hauptwaffe ist die Wahrheit, die sagt, dass Gott uns in alle Ewigkeit glücklich machen wird. Und der Glaube ist der Sieg, der die Lüge überwindet, weil der Glaube mit Gott selbst zufrieden ist.

Die Herausforderung für uns besteht nicht lediglich darin, das zu tun, was Gott sagt, weil Er Gott ist, sondern das zu wollen, was Er sagt, weil Er gut ist! Es geht nicht nur darum, Gerechtigkeit zu erstreben, sondern Gerechtigkeit allem anderen vorzuziehen. Das Ziel ist, morgens aufzustehen, um betend über der Schrift zu meditieren, bis wir durch den Glauben an Gottes »kostbaren und größten Verheißungen« zu tiefem Frieden und wahrer Freude gelangen (vgl. Röm 15,13; 2.Petr 1,4). Wenn wir diese Freude vor Augen haben, dann werden die Gebote Gottes keine Last mehr für uns sein und die Verlockungen der Sünde werden ihren Reiz verlieren (vgl. 1.Joh 5,3).

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John Piper

John Piper ist Gründer und Lehrer von Desiringgod.org. Außerdem war er 33 Jahre lang Pastor der Bethlehem Baptist Church in Minneapolis.

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