Wie man geistlich wächst
Einst gab es einen mächtigen syrischen Hauptmann mit Namen Naaman, der sich die gefürchtete Krankheit Lepra zugezogen hatte. Auf Gottes Anweisung hin, verhieß der Prophet Elisa Naaman Heilung, wenn er sich sieben Mal im Fluss Jordan waschen würde. Naaman war empört. Im Jordan unterzutauchen war für ihn eine unwürdige Handlung und es entsprach nicht seiner Vorstellung von Hilfe. Wenn seine Diener ihn nicht dazu gedrängt hätten, wäre Naaman ungeheilt nach Syrien zurückgekehrt (2. Könige 5,1-14).
Aus demselben Grund entgeht vielen Menschen Gottes simpler und einfacher Plan für ihr geistliches Wachstum – eine sorgfaltige Beachtung der Gnadenmitteln.
Mittel oder Mysterium?
Louis Berkhof definiert die Mittel der Gnade als die »objektiven Kanäle, die Christus in der Gemeinde eingesetzt hat, an die er sich normalerweise bindet, wenn er seine Gnade mitteilt.« Die Mittel der Gnade sind »seine Einrichtungen, insbesondere das Wort, die Sakramente und das Gebet; all dieses wurde mit der Errettung der Erwählten wirksam gemacht« (Kleiner Westminster Katechismus, Frage 88). Die Gläubigen müssen diese Gnadenmittel anerkennen und Gott vertrauen, dass Er durch sie wirkt.
Diese Wahrheit wird an dem phänomenalen Wachstum der jungen Gemeinde ersichtlich (Apostelgeschichte 2,41-47). Die ersten Christen stellten die Welt auf den Kopf, nicht weil sie einen neuen trendigen Weg entdeckten, um »Gemeinde zu machen«, sondern aufgrund ihrer auffälligen Übereinstimmung mit Jesus. Die Gemeinde wuchs, während die Gläubigen »verharrten in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten.« Weil der persönlichen Hingabe der Schwung fehlt, tendieren wir dahin, geistliches Wachstum schwieriger zu machen als es eigentlich ist. Von einigen Ausnahmen mal abgesehen, sind diejenigen, die in der Gottesfurcht wachsen, der Predigt, den Sakramenten und dem Gebet verpflichtet. Das sind die gewöhnlichen Gnadenmittel. Geistliches Wachstum braucht keine Innovation, weil Gott nicht willkürlich und sprunghaft wirkt (Maleachi 3,6). Wir müssen nicht von einem auf den anderen Zug aufspringen. Dennoch scheinen die Gnadenmittel nicht immer zu wirken. Vielleicht sagen wir: »Ich gehe zur Gemeinde, empfange die Sakramente, verbringe Zeit im Gebet, und scheine dennoch nicht zu wachsen.« Auch wenn wir annehmen, dass wir eifrig und glaubend die Gnadenmittel gebrauchen, so sollten wir nicht zu leicht ihre entscheidende Rolle in unserem Leben verwerfen. Stellen wir uns einmal vor, wir sagen: »Ich esse drei mal täglich, aber ich werde nicht gesünder. Essen muss nicht die Antwort sein.« In welcher Form würden wir uns befinden, wenn wir nicht von Gott durch Seine eingesetzten Mittel ernährt würden?
In unserer Gemeinde hören neue Mitglieder, wenn sie ihren Glauben an Christus bekennen, diese Aufforderung: »Durch den eifrigen Gebrauch der Gnadenmittel und mit der Hilfe deines Gottes, fahre fort in dem Bekenntnis, das du gerade gegeben hast.« Sicherlich beeinflussen Dinge wie die Pflege von gottesfürchtigen Beziehungen, der Gebrauch erbaulicher Medien, das Teilen unseres Glaubens mit anderen, Mitarbeit im Reich Gottes, ein weiser Umgang mit unserer Zeit und ein verantwortungsvoller Umgang mit unserem Körper unsere geistliche Gesundheit. Aber das Hören der Predigt, der Empfang der Taufe und des Abendmahls sowie das Gebet muss die Routine eines jeden gesunden Christen bestimmen. Wir gebrauchen die Gnadenmittel, weil das die Art und Weise ist, wie Gott verheißen hat, uns zu nähren und zu Seinen Jüngern zu machen (Matthäus 28,18-20).
Passé oder allmächtig?
Während das Konzept der Gnadenmittel nicht neu ist, wird es oftmals missverstanden oder missbraucht.
Was kommt als Nächstes?
In einigen Kreisen wird die Idee der Gnadenmittel schnell als ein unmodischer Fundamentalismus verachtet. Diese Haltung nimmt verschiedene Formen an, wie z.B.: »Wir haben es versucht, jetzt ist es Zeit für etwas Neues.« Oder: »Ich fühle mich Gott in der Natur näher, als in der Gemeinde.« Oder: »Ich brauche einen bestimmten Musikstil, um mich mit Gott zu verbinden.«
Hast du mal die Frage gehört: »Kann Gott nicht etwas anderes neben der Predigt, den Sakramenten und dem Gebet gebrauchen?« Das ist eine merkwürdige Frage. Einmal gebrauchte er einen Esel, um einen Propheten zurechtzuweisen (2. Petrus 2,15-16). Er könnte vollkommene Stille, eine Pleite, Depressionen oder Mord gebrauchen. Aber anstatt das wir nach jedem Strohhalm greifen, sollten wir fragen: »Was hat Gott verheißen zu gebrauchen?«
Wir werden niemals Gottes Plan für unser Wachstum entwachsen. Die Gnadenmittel zu verachten kann nur im geistlichen Bankrott enden. Die traurige Ironie ist, dass diejenigen, die die Gnadenmittel verachten und deshalb geistlich verfallen oftmals unfähig sind zu verstehen, warum sie so stagnierten. Sie sind geistlich gesehen so blutarm geworden, dass sie nicht länger die Kraft besitzen, ihre Situation angemessen zu bewerten.
Mittel »als« Gnade
Andererseits ist es möglich, die Gnadenmittel mit der Gnade selbst gleichzusetzen. Hierin bestand das Herz des protestantischen Protests vor einem halben Jahrtausend. Die Gnadenmittel funktionieren nicht mechanisch. Die Taufe an sich wäscht keine Sünden weg. Das Abendmahl vermittelt auch nicht automatisch die Segnungen Christi. Es gibt keine Garantie, dass das Hören von Predigten dich gottesfürchtig macht. Wie G.I. Williamson sagte: »Die Verordnungen regeln nicht Gott; Gott regelt die Verordnungen.« Aber Er gebraucht sie, weil es Ihm so gefällt. Wir müssen die Gnadenmittel glaubend gebrauchen, indem wir dem Herrn vertrauen – und nicht auf die Verordnungen.
Naaman wäre fast an Lepra gestorben, weil er die Gnadenmittel Gottes seiner Heilung als zu gewöhnlich verwarf. Wenn du geistlich wachsen willst, dann tue etwas schockierend Gewöhnliches: Bringe dich selbst unter das gepredigte Wort Gottes, gebrauche regelmäßig die Sakramente, um deinen Glauben an Christus zu lenken, und verbringe Zeit in ernstem Gebet. Wenn diese Mittel zu gewöhnlich aussehen, dann verstehst du Gottes Güte. Geistliches Wachstum ist kein Mysterium. Vertraue Gott, gebrauche Seine Mittel und erwarte, dass Er das Wachstum schenkt (1. Korinther 3,6).
Dieser Artikel erschien zuerst bei Ligonier.org: How to Grow Spiritually. Die Übersetzung erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber.
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