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Es geht nicht um einen guten Deal!

An einem Nachmittag saß ich müde und alleine in der Cafeteria eines Campus mit über zwanzigtausend Studenten, als ein älterer Student lächelnd auf mich zukam und fragte, ob er sich dazusetzen dürfe. Er setzte sich, während ich mich innerlich vorbereitete, in der Erwartung einer hitzigen Diskussion über Politik, Philosophie oder Wissenschaft. Aufgeregt über die Gesellschaft war ich mental auf alles vorbereitet, was er vorbringen könnte. 

Während er mich über seinem Teller Spaghetti weg anschaute, war das Erste, was er sagte: »Hast du Jesus Christus als deinen persönlichen Herrn und Retter angenommen?«

Sprachlos, war ich zunächst um eine Antwort ratlos. »Hm, ja, tatsächlich habe ich das«, antwortete ich schließlich. 

»Oh«, sagte er. »Okay, das ist gut.« Er sah aus, wie nach einer kleinen Niederlage. Er hatte sich den falschen Tisch ausgesucht. Er hatte gehofft, das Evangelium mit einem Nicht-Christen zu teilen. Wir plauderten noch höflich, während ich meinen Burger aufaß. Er aß schnell und entschuldigte sich. Ich sah ihn nach diesem Tag nie wieder. 

Ich bin sicher, dass er Gott aufrichtig durch sein Zeugnis in der Cafeteria dienen wollte. Das Evangelium zu teilen ist gut, aber die Art und Weise wie er mich nach meiner Errettung fragte, klang mehr nach einer Verkaufsmasche als nach einem ernsten Angebot. Zumindest hätte der Student sich nach meinem Namen erkundigen können und Interesse an meiner Person zeigen können, bevor er mir diese berechtigte Frage stellte. 

Noch viele Jahre später musste ich an diesen Tag denken, wann immer ich die Worte Evangelisation höre. Der Begriff stammt von dem griechischen Wort evangel: gute Nachricht. Wie seltsam ist es dann, dass so viel Evangelisation daherkommt, als würden wir Jesus verkaufen, in der Hoffnung, den Nicht-Christen »zum Kauf« anzuregen. 

Gute Nachrichten müssen nicht verkauft werden. Schlechte Nachrichten müssen verkauft werden, aber nicht gute Nachrichten. Während ich aufwuchs, lehrte man mich bezüglich Evangelisation insbesondere, den Kauf abzuschließen. Mir wurde beigebracht, den Nicht-Christen dahin zu bringen, dass er das »Übergabe-Gebet« sprach oder »nach Vorne ging« und zwar so schnell wie möglich, durch welche Mittel auch immer, denn morgen könnte er bereits tot sein. Deswegen musste ich die Sache sofort abschließen. 

Als ich jedoch begann, ernsthaft die Evangelien zu lesen, fiel mir etwas merkwürdiges auf. Die Menschen kamen fortwährend zu Jesus, obwohl er kein einziges Traktat aushändigte. Er ging zu den Menschen hin und sagte »folge mir nach« und das nächste, was wir lesen, ist, dass sie ihr Leben aufgaben und mit Ihm durch die Landschaft zogen. Er war kein reisender Verkäufer. 

Christen sind dazu berufen das Evangelium mit anderen zu teilen und dabei auf die Kraft des Heiligen Geistes für Sein Werk in ihrem Leben zu vertrauen, während sie zur selben Zeit das Evangelium nicht wie eine Verkaufsmasche behandeln. Einige Christen – insbesondere Neue, die von ihrem aufkeimenden Glauben begeistert sind – sind eifrig und willig das Evangelium zu teilen. Andere tun sich damit schwerer und viele tun es überhaupt nicht. Dennoch vermute ich, dass die Zurückhaltung des durchschnittlichen Christen den Glauben mit anderen zu teilen, wenig mit Schüchternheit oder mangelndem Mut zu tun hat. Viele Gläubige zögern nicht zu erklären, warum sie einen bestimmten Politiker oder eine Meinung unterstützen, selbst wenn es unbeliebte sind. Warum aber werden sie so schweigsam, wenn das Thema auf den Schöpfer des Universums zu sprechen kommt?

Ich vermute, dass vieles auf ein Missverständnis vom Glauben zurückzuführen ist. In unserer heutigen Zeit wird der Begriff fast ausnahmslos als Synonym für Irrationalität verwendet oder zumindest mit einer irrationalen Annahme eines Glaubens, für den es keine Beweise gibt. Anstatt zu behaupten, dass wir ein angeborenes und erfahrbares Wissen über Gott haben (dies ist es, was Philosophen einen »gerechtfertigten wahren Glauben« nennen), vermitteln wir einen Wischi-Waschi-Glauben, dass irgendetwas da draußen ist, obwohl wir es nicht beweisen können. Wenn wir Christen ein solch schwaches Gottesbild aufstellen, dann ist es nicht verwunderlich, dass Ungläubige nicht das Bedürfnis verspüren, uns erst zu nehmen. 

Aber unser Glaube ist kein Fideismus (die Lehre, dass Wissen von Glauben und Offenbarung abhängt). Er ist nicht blind. Die gute Nachricht ist keine Einladung zu einer irrationalen Entscheidung, sondern die Geschichte einer Person, die lebte, starb und jetzt wieder lebt. Wir teilen keine Neuigkeiten über eine Idee, sondern über jemanden, der vollkommen Gott und vollkommen Mensch ist. Während Ungläubige kein erfahrenes Wissen über diese Person haben, so wurden sie im Ebenbild Gottes erschaffen und besitzen demnach ein gewisses Maß an Kapazität Ihn zu erkennen. Das ist die gemeinsame religiöse Grundlage, die wir mit ihnen teilen. 

Unsere evangelistische Mission besteht deshalb einfach daraus, die gute Botschaft mit anderen zu teilen, so dass sie auch das wissen können, was wir wissen. In meiner Erfahrung in der Cafeteria war die Frage des Studenten nicht falsch, sondern seine Art und Weise der Kommunikation. Er behandelte das Evangelium wie eine Verkaufsmasche. 

Gott kann Gebetskarten oder Traktate dazu gebrauchen, um den Verlorenen Erlösung zu schenken. Er kann junge Menschen dazu gebrauchen, die Seelen von Menschen zu retten, und das, obwohl sie sich nicht weiter für sie interessieren. Aber ich vermute, dass Jesus es bevorzugen würde, wenn wir Ihn als Person vorstellen, anstatt zu versuchen, Ihn wie eine neue Ware zu verkaufen. Ich denke, es wäre Ihm lieber, wir würden erkennen, dass Seine gute Nachricht nur geteilt werden und das sie niemals verkauft werden muss. 

 

Dieser Artikel erschien zuerst bei ligonier.org. Die Übersetzung und Veröffentlichung erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber. 

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