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Ich lasse dich nicht los, bist du mich segnest

Gibt es eine Angst, der du gerade in die Augen schaust? Ist dein Glaube an die Verheißungen Gottes am wanken? Wenn das der Fall ist, dann betest du wahrscheinlich verzweifelt, dass Gott mit dir sein wird. Gott wird dir antworten. Aber du könntest, wie Jakob in 1. Mose 32, von seiner Antwort überrascht sein.

Jakob, an seinen Stab gelehnt, schaute zu den Sternen. Er hielt nach Hoffnung Ausschau. »Blicke doch auf zum Himmel, und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! … So zahlreich wird deine Nachkommenschaft sein!« (1. Mose 15,5). Das hatte Jahwe seinem Vater Abraham versprochen.

Jakobs Körper war müde, aber seine Gedanken waren rastlos. Das Tageslicht erschien und mit ihm Esau. Er wickelte sich fester in seinen Umhang und hockte sich hin. Ihm war kalt und das Feuer war zu ein paar glühenden Kohlen herabgebrannt. Er starrte auf den Boden. »Und deine Nachkommenschaft soll wie der Staub der Erde werden« (1. Mose 28,14). Das hatte Jahwe ihm vor zwei Jahrzehnten versprochen, als er nur mit einem Stab nach Haran gezogen war.

Nun kehrte er nach Hause zurück mit elf Söhnen und einer Tochter. Ein von Gott gesegneter Überfluss an Nachkommen, wenn es auch nicht wie der Staub der Erde war.

Aber Esau war im Anmarsch und mit ihm vierhundert Mann. War das Feuer der Rache in den zwanzig Jahren nicht abgekühlt? Vierhundert! Mehr als genug, um seine geliebten Kinder dem Erdboden gleichzumachen.

Er betete verzweifelt. Oh Gott meines Vaters Abrahams, Gott meines Vaters Isaak, erlöse mich von Esau! Du hast mir befohlen: »Kehre zurück in das Land deiner Väter und zu deiner Verwandtschaft.« Und du hast versprochen: »Ich werde mit dir sein.« (1. Mose 31,3). Jahwe! Die vierhundert Männer werden uns auslöschen! Bitte! Ich brauche dich an meiner Seite!

Da hörte er etwas plätschern. Er schaute auf und schielte zum Jabbok. Ein Mann überquerte den Fluss und kam auf ihn zu. Er erkannte nicht den bestimmten Gang. Jakob stand auf. Furcht erfüllte ihn. Esau? Nein. Er kannte Esaus Gangart. Aber er war nicht erleichtert. Er wusste, dass dieser Mann wegen ihm kam.

Der Fremde blieb kurz vor Jakob stehen. Er sah stark aus. Seine Augen waren streng und unergründlich. Keiner sprach ein Wort. Jakob befiel eine vertraute Furcht. Aber er konnte sie nicht einordnen. Waren sie sich schon einmal begegnet?

Instinktiv erhob Jakob seinen Stab zur Verteidigung. Mit überraschender Schnelligkeit riss der Mann ihn weg und warf ihn fort. Jakob war noch verwirrter. Was wollte er? Dann nahm der Fremde eine Haltung ein, die jeder semitische Junge erkannte. Wrestling war eine uralte Kampfsportart. Dieser stumme Gegner wollte einen Kampf. Jakob war perplex, aber er wusste, dass er keine Wahl hatte.

Die Männer umkreisten sich zweimal, einander anstarrend. Dann folgte ein Zucken, ein Adrenalinschub, und der Kampf begann. Der namenlose Feind war stark. Dennoch war Jakob über seine Fähigkeit, ihm Kontra zu geben, überrascht.

Aber je länger sie kämpften, desto mehr kam Jakob zur Einsicht, dass sein Gegner kein gewöhnlicher Mensch war. Nun konnte er die vertraute Furcht einordnen. Es war das, was er fühlte, als er Jahwe begegnet war. Und er begann zu begreifen, dass dieser Kampf irgendwie mit dem zusammenhing, was ihn morgen erwartete. Wer war das? Ein Engel? War es Gott? War dieser Kampf ein beantwortetes Gebet?

Die Männer stoben auseinander, jeder lehnte sich auf seine Knie, um Atem zu holen. Sie teilten einen Blick der Anerkennung. Und eine verzweifelte Entscheidung formte sich in Jakob. Als ein Betrüger, der unter Betrügern lebte, hatte er gelernt, dass Gott der einzige Felsen war, dem er vertrauen konnte. Und die einzige echte Quelle seiner Hoffnung waren Gottes Verheißungen, ihn zu segnen. Sein Leben hing davon ab, nun mehr als zuvor. Gott war nun in seiner Reichweite. Jakob würde ihn nicht gehen lassen ohne seinen Segen.

Die Aufmerksamkeit des Fremden wandte sich plötzlich dem Horizont zu. Licht erstrahlte über den östlichen Hügeln. Und Jakob sah seinen Moment kommen. Schnell ergriff er seinen Gegner von hinten und schloss seine Arme um dessen Brust. Der Herausforderer versuchte sich selbst zu befreien, aber Jakob hielt ihn fest. Dann ließ er seine Faust auf Jakobs rechte Hüfte krachen. Jakob schrie, als der Schmerz explodierte. Sein Bein gab nach. Aber sein Griff nicht. Er konnte Schmerzen aushalten, aber nicht an diesem Tag ohne Gottes Segen.

Zum ersten Mal sprach der Mann: »Lass mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen!« Jakob zuckte heftig und flüsterte durch zusammengebissene Zähne: »Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich vorher gesegnet.« Sofort spürte er, wie der Mann nachgab. Der Kampf war vorbei. »Was ist dein Name?«, fragte der Mann. »Jakob«, kam ein Stöhnen. »Nicht mehr Jakob soll dein Name heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast überwältigt.«

Jakob brach auf dem Boden zusammen und ergriff seine Hüfte. Mit Gott gekämpft? Keuchend sagte er: »Teile mir doch deinen Namen mit!« Die Augen des Mannes waren voller Zuneigung: »Warum fragst du denn nach meinem Namen?« Und damit drehte er um und überquerte wieder den Jabbok.

Zu Beginn der Nacht glaubte Jakob, dass sein größtes Bedürfnis die Rettung vor Esau war. Am Ende der Nacht glaubte er, dass seine größte Notwendigkeit darin bestand, in die Segnungen von Gottes Verheißungen zu vertrauen. Und was ihn veränderte, nicht mehr Menschen zu fürchten, sondern Gottes Wort zu vertrauen war anhaltendes und schmerzliches Ringen mit Gott.

Manchmal, in deinem Kampf mit dem Unglauben, wird dein größter Gegner mit dir kämpfen – er mag dich sogar hinkend machen – bis du verzweifelt genug bist um zu sagen: »Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich vorher gesegnet.« Es ist große Gnade an diesen Punkt gebracht zu werden, an dem du verzweifelt genug bist, darauf zu bestehen, was du am meisten brauchst.

 

Dieser Artikel erschien zuerst bei desiringgod.org unter dem Titel I will not let you go until you bless me. Die Übersetzung erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber.

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