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Die Weisheit in dem, was Gott nicht sagt

Wir wissen, dass Gott alle Dinge mit Weisheit sagt, selbst wenn sie für uns schwierig zu verstehen sind (2. Petrus 3,16). Aber ich denke, es sind die Dinge, die Gott nicht sagt, die sich für uns als besonders schwierig erweisen. 

Die Dinge, die Gott nicht anspricht, veranlassen uns zu fragen: »Warum, HERR?« (Psalm 10,1). »Warum ist mein Schmerz dauernd da und meine Wunde unheilbar?« (Jeremia 15,18). »Warum willst du uns für immer vergessen, uns verlassen lebenslang?« (Klagelieder 5,20). »Warum leben die Gottlosen, werden alt, nehmen gar noch zu an Macht?« (Hiob 21,7). Warum gibt es so viel Unterdrückung? (Prediger 4,1). »Warum gibt er dem Mühseligen Licht und Leben den Verbitterten?« (Hiob 3,20).

Im Glauben zu leben erfordert, dass wir in unserem Vertrauen wachsen, dass Gott in denen Dingen, die er nicht sagt, genauso weise ist, wie in den Dingen, die er sagt. Er enthält uns Dinge mit Absicht vor, so wie er uns absichtlich Dinge mitteilt. 

Wir mögen das weise Schweigen Gottes als die »dunkle Sache« der göttlichen Offenbarung bezeichnen. Es steckt tatsächlich etwas hinter dem, was wir nicht sehen können, aber wir entdecken dies nur durch eine bestimmte Art der Untersuchung. 

»Warum hat Gott dies nicht gesagt?«

Wir wollen uns ein paar Makro-Beispiele anschauen und etwas von dieser dunklen Sache der göttlichen Weisheit erforschen, so dass wir besser unsere eigene Erfahrung mit dem Schweigen Gottes verstehen lernen. 

Die Schöpfungsgeschichte

Gott sagt uns so wenig über seine Erschaffung des Kosmos. Genesis 1 ist ein gutes biblisches Beispiel der Tatsache, dass unsere Erkenntnis jetzt nur Stückwerk ist (1. Korinther 13,12). 

Einunddreißig einfache, vom Geist inspirierten Worte berichten uns, dass Gott die Welt in einer bestimmten Abfolge geschaffen hat, aber sie übergehen eine astronomische Menge an Details. In gewissen Dingen ähneln sie den antiken Schöpfungsmythen, dennoch ergeben sie weitaus mehr Sinn, angesichts der wissenschaftlichen Entdeckungen über das Universum. Die Unklarheiten im Bericht und in der hebräischen Sprache führen bereits seit 2000 Jahren zu Diskussionen innerhalb und außerhalb der Gemeinde. 

Warum hat Gott nicht mehr gesagt? Ein Grund ist, um uns zu demütigen. Genesis 1 zeigt uns tatsächlich, dass »das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen« (1. Korinther 1,25). 

Gott wählte einen Schöpfungsbericht, der seinem Volk ein grundlegendes und akkurates Verständnis der Schöpfung liefern würde. Und das über den Verlauf von einigen tausend Jahren hinweg, in tausend radikal unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Weltbildern, Vorstellungen von Zeit, Bildungsgraden und Stufen des technologischen Fortschritts. Er musste für vorwissenschaftliche, primitive und analphabetische Völker verständlich sein, und gleichzeitig der vernichtenden Kritik der brillantesten und gebildesten Denker der Antike und Moderne standhalten können. Der Rahmen musste so einfach sein, dass ein Kind es verstehen könnte und gleichzeitig komplex genug, um paläontologische Entdeckungen zu berücksichtigen. 

Und das ist genau das, was wir vorfinden. Die biblische Erklärung der Schöpfung hat unaufhörlich Prügel bezogen und steht immer noch. Ihre offensichtliche Einfachheit enthält sorgfältig geplante Unklarheiten, und ist der widerstandsfähigste und kulturell und wissenschaftlich anpassungsfähigste religiöse Bericht über die Ursprünge der menschlichen Geschichte. Und er hat fortwährend, seid seiner Abfassungszeit, sowohl Gläubige als auch Ungläubige gedemütigt.

Wie weit ist zu weit?

Die Bibel ist ziemlich deutlich in beiden Testamenten, dass sexuelle Unmoral Gottes Heiligkeit entweiht und wird deshalb verboten (1. Korinther 10,8; 4. Mose 25,1-9). Außerehelicher Geschlechtsverkehr zwischen einem Mann und einer Frau ist klar verboten. Aber was sonst noch? Wie weit kann ein Paar, das sich trifft oder verlobt ist, gehen, bevor es zu weit geht? Die Bibel gibt uns verhältnismäßig wenig detaillierte Beschreibungen, wo die Linie der Unmoral übertreten wird. Ist jede Art von Berührung erlaubt? Was ist mit Küssen? Was ist mit Umarmungen, Handhalten und intimen Gesprächen? 

Warum sagt Gott nicht mehr dazu? Ein Grund ist, dass Gottes Wille für uns unsere Heiligung ist (1. Thessalonicher 4,3). Das bedeutete, dass Gott unsere Herzen möchte und nicht nur lediglich Verhaltensweisen. Und was unsere Herzen wirklich möchten, zeigt sich genauso daran, wie wir auf moralische Unklarheiten reagieren, als auch, wie wir auf moralische Klarheit reagieren. Gott möchte, dass wir mit den Grauzonen ringen, angesichts des Wissens, dass es eine Heiligung gibt, »ohne die niemand den Herrn schauen wird« (Hebräer 12,14). Wie werden wir danach streben, Christus zu lieben, indem wir seinen Geboten der Nächstenliebe gehorchen (Johannes 13,34; 14,15) und einander helfen, eine »Liebe aus reinem Herzen und guten Gewissen und ungeheucheltem Glauben« (1. Timotheus 1,5) anzustreben, wenn wir entscheiden müssen, was Reinheit in unserem Platz in der Welt und in der Geschichte bedeutet? 

Um Christen zu ermuntern, Heiligkeit zu suchen und dieses Streben an alle Kulturen, Zeitalter und Individuen anzupassen, hat Gott in seiner Weisheit bestimmt, dass wir nicht von detaillierten Regeln über sexuelle Reinheit beherrscht werden, sondern von dem Prinzip geleitet werden, dass »alles aber, was nicht aus Glauben ist, Sünde ist« (Römer 14,23) sowie der Aufforderung »so liebt einander anhaltend, aus reinem Herzen!« (1. Petrus 1,22). 

Das Zweite Kommen Jesu

Das erste Kommen des Messias war prophezeit. Jesus kam genauso, wir über ihn geschrieben stand und dennoch haben ihn nur so wenige erkannt. Er kam auf eine Art und Weise, die niemand erwartet hatte und tat das, was niemand erwartet hatte. Es war alles in den Schriften vorhanden, aber selbst seine engsten Freunde, die ihm am meisten zugehört hatten, vermochten es nicht völlig zu sehen, bis er ihnen dabei half (Lukas 24,27). 

Sein zweites Kommen wird ähnlich sein. Wir besitzen die Prophezeiungen, aber die Zeit, die Ereignisse und die Bedeutungen der Symbole in der Schrift haben zu vielen Debatten durch die ganze Kirchengeschichte hindurch geführt. 

Warum hat Gott nicht mehr gesagt? Ein Grund ist dieser, dass Gott immer wollte, dass Christen in der abhängigen Erwartung leben, dass Jesus unmittelbar wiederkommt. »Denn der Sohn des Menschen kommt in der Stunde, da ihr es nicht meint« (Lukas 12,40). Denn er möchte, dass wir zu allen Zeiten wach sind (Lukas 21,36) und das unsere Lampen vorbereitet sind (Matthäus 25,1-13). Gott weiß, dass unser Kampf gegen die innewohnende Sünde und unser Empfinden der Dringlichkeit für die Mission besser gedient ist, wenn wir wissen, dass Christus zu jeder Zeit zurückkehren könnte, als wenn es noch in weiter Ferne läge (Matthäus 24,45-51; 1. Korinther 7,29).

Weisheit im Schweigen

So viel mehr könnte noch über das gesagt werden, was Gott nicht gesagt hat. Aber was für uns wichtig zu erinnern ist, ist dieses: Gott ist sehr weise und hält uns bewusst Dinge vor und macht sie nicht ganz klar für uns. 

Jesus versteht den Schrei nach dem »Warum?«, dass unsere Herzen mit Schmerz erfüllt. Er selbst schrie diese Frage in der Stunde seines größten Schmerzes: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Matthäus 27,46). Hier gab es keine donnernde Antwort. Also erlitt er im dunklen Schweigen das Kreuz im Glauben für unsere Errettung und als unser Vorbild (Hebräer 12,2).

Gott möchte, dass wir durch Glauben leben und seinen zuverlässigen Verheißungen mehr Glauben schenken als unseren unzuverlässigen Wahrnehmung (2. Korinther 5,7). Aber ein gründliches, sorgfältiges Lesen der Bibel führt dahin, dass wir Gottes weises Schweigen in den dunklen Dingen der göttlichen Offenbarung entdecken. Gottes vertrauenswürdiges Ziel ist es, uns nicht alles mitzuteilen. 

Aufgrund dessen, was er klar macht, können wir lernen, ihm genauso in den unklaren Dingen zu vertrauen. Gott schweigt nur aus einem sehr guten Grund. 

Dieser Artikel erschien zuerst bei desiringgod.org. Die Übersetzung und Wiedergabe erfolgte mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers. 

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