Die Seelen von Ungläubigen gewinnen
Evangelisation ist mehr als eine Aufgabe oder eine Methode – es ist ein Lebensstil. Es ist mehr als ein Projekt oder ein System, es ist eine Lebensart. Evangelisation aus dieser Perspektive zu betrachten ist nicht nur biblisch, sondern öffnet ebenfalls unser Verständnis und schenkt uns eine Vision, was es bedeutet, Seelen für Christus zu gewinnen. Es befreit und fordert uns heraus, um zu unseren besonderen Einflussbereichen zu gelangen, selbst wenn wir nicht besonders geschickt in der Überzeugungskunst oder Apologetik sind. Diese Herangehensweise an Evangelisation ermutigt zu einem Lebensstil des beständigen christlichen Zeugnis und passt sich spezifisch an die einzigartigen Gaben, die Stellung und Berufung des Gläubigen an. Man betrachtet das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen als eine fortwährende Gelegenheit, Freunde und Nachbarn auf die unerforschlichen Reichtümer in Christus hinzuweisen.
Alle Christen sind dazu berufen die Verlorenen auf diese Art und Weise zu evangelisieren. Tatsächlich ist ein Leben des christlichen Zeugnisses für jeden aufrichtigen Nachfolger Jesu verpflichtend (Matthäus 5,13-16). Charles Spurgeon behauptet kühn, dass »Seelengewinnen sollte das hauptsächliche Streben eines jeden echten Gläubigen sein.« Ob an der nächsten Straßenecke oder an einem fernen Ort auf diesem Planeten, sind Christen beauftragt zu evangelisieren und »jederzeit bereit zur Verantwortung jedem gegenüber [zu sein], der Rechenschaft von euch über die Hoffnung in euch fordert« (1. Petrus 3,15; vgl. Matthäus 28,18-20).
Seelengewinnen ist für das christliche Leben wesentlich. Wenn wir jedoch ehrlich sind, schwindet oftmals unser Eifer für Evangelisation. Uns fehlt die Zielstrebigkeit, unsere nicht-kirchlichen Kollegen, Familienmitglieder und Freude zu erreichen. Wir müssen uns eingestehen, dass wir mehr über sportliche Spielergebnisse oder die Spritpreise besorgt sind, als um das ewige Wohlbefinden unserer Nachbarn. Darüber hinaus offenbart unser Mangel an Gebet für die Verlorenen, wie blutleer die Evangelisation in unserem Leben und unseren Gemeinde ist.
Lieber Christ, es ist an der Zeit unseren Eifer für das Seelengewinnen wieder neu zu entzünden und einen evangelistischen Lebensstil zu kultivieren, der wundervoll gewöhnlich und dem beständigen Gebet sowie der unnachgiebigen Kommunikation der Wahrheit des Evangeliums verpflichtet ist.
Wundervoll gewöhnlich
Die meisten Fälle von evangelistischer Aktivität in der Bibel finden wir in den außergewöhnlichen öffentlichem Dienst von Jesus und den Aposteln. Die vier Evangelien und die Apostelgeschichte beinhalten eine Litanei ihrer erstaunlichen Bemühungen, Seelen zu gewinnen. Darüber hinaus sind die neutestamentlichen Briefe mit autobiografischen Berichten vom apostolischen Mut in der Seelengewinnung gespickt, in denen uns von der Evangelisation der ungeretteten Juden und Heiden geschildert wird, oftmals in sehr feindlichen Umgebungen. Da die Schrift einen Schwerpunkt auf die außergewöhnlichen evangelistischen Dienste von Jesus und den Aposteln legt, wird Seelengewinnen manchmal in einer Art und Weise gelehrt, die viele einfache Christen erschreckt und zum Denken verleitet, dass sie genauso evangelisieren müssten oder gar nicht. Während alle Christen sicherlich von den evangelistischen Bemühungen Jesu oder der Apostel lernen können, so müssen wir zwischen ihrem einzigartigen Dienst und unserem weitaus gewöhnlicherem Weg der Evangelisation unterscheiden, zu dem alle Christen berufen sind.
Anstatt Schuld auf den einfachen Christen zu laden, dafür, dass er nicht an den Straßenecken oder auf den Marktplätzen evangelisiert (wozu nur wenige Gläubige berufen und begabt sind), wäre es nicht weitaus besser, eine Sichtweise der Evangelisation zu fördern, die natürlicherweise aus unserem gewöhnlichen Lebensrhythmus des täglichen Lebens und wöchentlichen Zeitplänen fließt? Sollten wir nicht vielmehr Evangelisation als eine konsequente Folge eines aufrichtigen Lebens mit Gott betrachten, in dem bestimmten Bereich, in den Gott uns gestellt hat?
Gott ist souverän und in Seiner Souveränität hat er uns genau dort hingestellt, wo Er uns haben möchte (Psalm 115,3; Apostelgeschichte 17,26-27). Du magst dir vielleicht wünschen, woanders zu sein, aber gerade jetzt bist du exakt dort, wo Gott dich haben möchte. »Das Herz des Menschen plant seinen Weg, aber der HERR lenkt seinen Schritt« (Sprüche 16,9; vgl. Römer 8,28). Deshalb beruft Gott uns die Verlorenen zu erreichen, genau dort, wo wir sind. Er hat uns souverän in einen bestimmten Einflussbereich gesetzt, teilweise deshalb, um Ungläubige mit dem lebensverändernden Evangelium von Jesus Christus zu erreichen.
Lieber Gläubige, Gott hat dich, in Seiner Souveränität, in eine bestimmte Gemeinschaft und in eine bestimmte Nachbarschaft oder eine bestimmte Wohngegend bestellt. Er hat dir ebenfalls einen bestimmten Beruf gegeben. Warum? Teilweise, dass du im gewöhnlichen Alltag das Licht des Evangeliums für diejenigen um dich herum leuchten lässt.
Zweifellos wird es Gelegenheiten für mehr strategische Formen der Evangelisation geben, wie Haus-zu-Haus-Aktionen oder besondere evangelistische Veranstaltungen. Dennoch hat sich ein beständiges Zeugnis in Wort und Tat innerhalb unseres gewöhnlichen Lebens immer noch als das beste und effektiveste Mittel zur Evangelisation erwiesen. Ein Gespräch über das Evangelium mit einem ungläubigen Mitarbeiter im Büro, ein Wort über Gottes errettende Gnade an ein kirchenfernes Elternteil bei dem Fußballspiel deiner Kinder, eine Diskussion über evangeliumsgemäße Erziehung mit einer Gruppe unerretteter Mütter im Park, oder ein Anruf von einem verlorenen Familienmitglied, das Rat in einer Krise sucht. Diese Beispiele lehren uns, dass Evangelisation weniger eine Aufgabe als vielmehr ein Lebensstil ist.
Dieser Aspekt wird durch die fröhliche Unterbrechung unterstrichen, die ich erhielt, während ich diese Zeilen schrieb. Der Herr arrangierte einen überraschenden Besuch von einem ungläubigen Freund und wir genossen eine warme und offene Konversation über das Evangelium. Diese Art der gewöhnlichen Seelengewinnung mag niemals das Titelthema eines kirchlichen Magazines sein. Aber weil sie sich im Leben unzähliger Christen überall auf der Welt manifestiert, wird Gott solche Aktivitäten gebrauchen, um viele zum rettenden Glauben zu führen. Seelengewinnen soll wundervoll gewöhnlich sein und im alltäglichen Leben zur Anwendung kommen. Evangelisation ergibt sich aus einer persönlichen Beziehung mit Gott, die Christus mehr als alles andere schätzt. Und diejenigen, die Christus kennen, wollen, dass andere Ihn ebenfalls kennenlernen. Die Frage ist, ob wir willig und bereit sind, die evangelistischen Gelegenheiten wahrzunehmen, die Gott uns gibt? Vielleicht rührt unser Mangel an Bereitschaft teilweise von fehlendem Gebet.
Konsequent betend
Konsequentes und ernsthaftes Gebet für die Verlorenen ist der Motor einer beharrlichen Evangelisation. Ohne Gebet kühlt unsere evangelistische Leidenschaft ab. Wir werden gegenüber dem elendigen Zustand verlorener Seelen gleichgültig. Regelmäßiges Beten für Ungläubige jedoch, entzündet und befeuert unsere Leidenschaft für Evangelisation. Es kultiviert eine Liebe und Barmherzigkeit für die Verlorenen. Darüber hinaus, fördert unsere Abhängigkeit von Gott im Gebet Zuversicht in Gottes Kraft, geistlich tote Menschen aufzuerwecken. Gebet erinnert uns daran, dass obwohl wir Botschafter der guten Nachricht sind, nur der Heilige Geist Sünder überzeugen und bekehren kann, indem er sie auf übernatürliche Weise mit einem neuen Herzen ausstattet und sie umkehren »von der Finsternis zum Licht und von der Macht des Satans zu Gott« (Apostelgeschichte 26,18; vgl. Hesekiel 36,26; Epheser 2,4-5; Kolosser 2,13).
Deshalb müssen wir die tägliche Praxis des Gebets für die Ungläubigen wiederentdecken, ein Gebet, dass den Himmel bezwingt, todernst ist und sich am Thron der Gnade festklammert. Zusätzlich müssen wir Gebetstreffen neu beleben, die Fürbitten für die Ungläubigen beinhalten, anstatt lediglich endlose Bitten um körperliche Heilungen und das Wohlergehen. Anhaltendes Gebet ist nicht verhandelbar für diejenigen, die ernsthaft bestrebt sind, Seelen zu gewinnen. Es ist der Beweis des demütigen Vertrauens auf Gott, während wir Ausschau halten, Menschen zu Christus zu führen.
Unnachgiebig wahrheitsgemäß
Evangelisation ohne die Wahrheit des Evangeliums ist wie ein Buch ohne Worte. Doch so viel von dem, was heutzutage als Evangelisation durchgeht, ist der eigentlichen Wahrheit des Evangeliums beraubt. Indem das Evangelium auf nicht mehr als ein persönliches Zeugnis oder eine menschenzentrierte Aufforderung reduziert wird, die Erfüllung in Jesus zu suchen, verkommt das Evangelium mehr zu unserer, als zu Gottes Geschichte. Aber die Menschen müssen weniger über uns und mehr über den Retter hören.
In seinem Klassiker aus dem mittleren neunzehnten Jahrhundert Worte an Seelengewinner schreibt Horatius Bonar: »Der Mensch braucht keine Meinungen, sondern Wahrheit. … Er braucht keine Religion, sondern Christus. Er braucht keine Literatur oder Wissenschaft, sondern die Erkenntnis der freien Liebe Gottes im Geschenk seines einzig-geborenen Sohnes.«
Treue und effektive Evangelisation gründet sich deshalb auf biblische Wahrheit. Insbesondere sollte sie Kernlehren hervorheben wie die Heiligkeit Gottes und die gerechten Forderungen des Gesetzes (3. Mose 11,45; Galater 3,10-11); den elenden und verdorbenen Zustand der gefallenen Menschheit (Römer 5,12; Epheser 2,1-3); Gottes Liebe für Sünder in der Sendung Seines ewigen Sohnes, damit er ein Mensch werde, um die Anforderungen des Gesetzes Gottes zu erfüllen (Johannes 3,16; Römer 5,18-19), Gottes gerechten Zorn am Kreuz zu stillen (Psalm 22; 1. Johannes 4,9-10), der am dritten Tag von den Toten auferstand (Römer 4,22-25), um alle mit Gott zu versöhnen, aufgrund der Gnade durch den Glauben an Ihn (2. Korinther 5,19; Epheser 2,8-9). Schließlich müssen wir auf das kommende Gericht hinweisen, dass alle, die mit Christus verbunden sind, in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen werden, während alle anderen, die immer noch in ihren Sünden sind gemeinsam mit dem Teufel und seinen Engeln in die Hölle geworfen werden (Matthäus 25,31-46). Das ist das Evangelium, dass die ganze Welt hören muss – die gute Nachricht, dass »es jetzt keine Verdammnis für die [gibt], die in Christus Jesus sind« (Römer 8,1).
Sicherlich kann Evangelisation einschüchternd sein. Es kann unbequem sein, Themen von ewigen Konsequenzen mit Freunden und Mitarbeitern zu besprechen. Vielleicht wäre es das weniger, wenn wir Evangelisation weniger als eine Aufgabe, ein Event oder eine Methode betrachten würden, sondern als die Folge eines dynamischen und gebetsreichen Wandel mit Gott im Kontext des Alltags – eine gehorsame und freudige Antwort auf die göttlichen Gelegenheiten, die Gott selbst schafft. Lieber Christ, es ist hart von dem zu Schweigen, woran wir uns am meisten erfreuen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Tabletalk. Die Übersetzung und Veröffentlichung erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber.