Dankbarkeit und Ehrgeiz

Dankbarkeit und Ehrgeiz

Passen Dankbarkeit und Ehrgeiz zusammen? Diese Kombination mag uns unpassend erscheinen, denn wenn wir tatsächlich für etwas dankbar sind, dann scheint Ehrgeiz ein wenig gefährlich zu sein. Ehrgeiz oder Ambition verbinden wir oftmals mit Unzufriedenheit und vielleicht sogar mit Habgier. Ist echte, aufrichtige und von Herzen kommende Dankbarkeit mit Ehrgeiz unvereinbar?

Denken wir für einen Moment über Ehrgeiz nach. Es ist eines dieser biblischen Themen, bei denen wir meist sofort an den negativen Aspekt denken, wobei uns schnell passende Beispiele einfallen. Der Turmbau zu Babel aus 1. Mose 11 und der reiche, törichte Kornbauer aus Lukas 12 sind die vermutlich offensichtlichsten Beispiele. In beiden Fällen begegnet uns ein selbstsüchtiger Ehrgeiz; Gott spielt in dem Denken der Menschen keine Rolle. In Babel sind die Erbauer von der Vorstellung motiviert, sich einen eigenen Namen zu machen, während der reiche Kornbauer in Lukas 12 Pläne schmiedet, um noch größeren materiellen Reichtum anzuhäufen und größere Scheunen zu bauen, ohne dabei an Gott zu denken. Ja, Ehrgeiz kann sicherlich gefährlich werden.

Dennoch schmälert das nicht die Tatsache, dass Ehrgeiz auch etwas ist, das Gott fest in den Menschen hineingelegt hat. Ehrgeiz ist nicht per se gottlos, sondern etwas, das Gott uns gegeben hat, damit wir es zum Wohl für uns und andere gebrauchen. Göttlicher Ehrgeiz beinhaltet ein starkes Verlangen und die Disziplin, um gerechte Ziele zu erreichen.

Adam und Eva haben den klaren Befehl von Gott erhalten, die Erde zu füllen und sie sich untertan zu machen (vgl. 1Mo 1,28). Nach der Flut wurde dieser Auftrag an Noah erneut bestätigt (vgl. 1Mo 9,1). Dieses Schöpfungsmandat sollte ihr Ehrgeiz, ihr Ziel sein. Der Psalmist sagt: „Und habe deine Lust am HERRN, so wird er dir geben, was dein Herz begehrt“ (Ps 37,4). Der Apostel Paulus war ambitioniert, wenn es um das Evangelium ging und er jagte geradezu auf das Ziel hin, wie es seiner Berufung entsprach (vgl. Phil 3,14). Er sagt uns ausdrücklich, dass er ehrgeizig darauf aus war, das Evangelium überall dort zu verkünden, wo es noch nicht bekannt war (vgl. Röm 15,19-20). Unser Herr Jesus selbst eiferte um die Ehre seines Vaters und war seinem Willen gehorsam. Er lehrte uns, dass seine Jünger Menschen sein sollten, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten und zuerst das Reich Gottes suchen sollten (vgl. Mt 5,6; 6,33). 1. Korinther 10,31 sagt uns, dass wir alles zur Ehre Gottes tun sollen, ob wir essen oder trinken oder sonst etwas tun.

Dankbarkeit und göttlicher Ehrgeiz müssen Hand in Hand gehen. Es ist die Dankbarkeit für alle guten Gaben Gottes – seine Schöpfung, seine Erlösung, seine Bewahrung und Hoffnung für die Zukunft –, die unser Bestreben beflügeln sollte, ein Leben zu führen, das zu seiner Ehre und zum Wohle anderer erklingt. Dankbarkeit darf uns niemals selbstzufrieden machen, sodass wir uns im Leben treiben lassen. Die Erkenntnis Gottes und seines Werkes in Christus müssen in uns das Verlangen wecken, für ihn zu leben und zu arbeiten. Um es in den Worten des Kleinen Westminster Katechismus zu sagen, existieren wir, um Gott zu verherrlichen und uns für immer an ihm zu erfreuen. Der Ehrgeiz, dies zu tun ist die DNA eines jeden Gotteskindes.

Wir sind geschaffen, um zu planen, und unsere klugen Pläne, die wir zur Ehre Gottes machen – sei es in Bezug auf unsere Familien, unser Zuhause, unsere Finanzen oder sogar unsere Gesundheit – sind gut und gehören zu unserem Menschsein dazu. Natürlich müssen wir unsere Ambitionen überprüfen. Wir wissen, dass unsere Herzen trügerisch sind und manchmal ist die Linie zwischen göttlichem und selbstsüchtigem Ehrgeiz ziemlich dünn. Dennoch sind wir aufgerufen, im Licht all dessen zu leben, was Gott für uns getan hat und noch tut, die Zeit und die Ressourcen zu nutzen, die er uns so großzügig geschenkt hat, und auf eine Weise zu leben, die auf Gottes Herrlichkeit ausgerichtet ist.

Aber was ist, wenn unser Ehrgeiz keinen Erfolg hat? Wir leben in einer Welt, in der unsere Hoffnungen und Pläne nicht immer zustande kommen; viele Christen kennen bittere Enttäuschung. Hebräer 11 ist ein Kapitel voll von Glaubenshelden und doch lesen wir am Ende des Kapitels von vielen namenlosen Helden, die verspottet, ausgepeitscht und ins Gefängnis geworfen wurden. Manche wurden gesteinigt; manche zersägt oder mit dem Schwert getötet. Ich bezweifle sehr stark, dass das ihr großes Ziel war, als sie anfingen, dem Herrn zu dienen. Aber jedes Mitglied der Ruhmeshalle des Glaubens aus Hebräer 11 ist „im Glauben“ gestorben, ohne die Erfüllung der Verheißung erlebt zu haben.

Wir werden auf die Wahrheit zurückgeworfen, dass Gott Gott ist. Seine Wege sind nicht unsere Wege und seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken (vgl. Jes 55,8-9). Gott lenkt uns gnädig nach seinem souveränen Willen. Wir halten uns an die Worte aus Psalm 37,5: „Befiehl dem HERRN deinen Weg und vertraue auf ihn, so wird er handeln.“ Selbst Enttäuschungen können eine Quelle der Dankbarkeit sein. Gott weiß, was am besten für uns ist, seien wir daher dankbar und halten wir uns das Ziel vor Augen zu seiner Ehre und unserer Freude.


© Ligonier Ministries @ Tabletalk Magazine. Die Wiedergabe erfolgte mit freundlicher Genehmigung.

Ähnliche Beiträge