Siehe ich stehe an der Tür und klopfe an

Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an

Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an.“ Diese Aussage Jesu wird häufig in der Evangelisation verwendet, wobei man die Menschen darum bittet, Jesus „in ihr Herz aufzunehmen“. Doch Christopher Gordon zeigt, dass dies eine unbiblische Herangehensweise ist.


Vor einigen Jahren saß ich auf meiner Veranda als ich plötzlich eine Stimme hörte: „Wir würden gerne mit Ihnen darüber sprechen, ob Sie bereits Jesus in Ihr Herz eingeladen haben!“ An meiner Haustür standen keine Sektenmitglieder, sondern evangelikale Christen, die um den Zustand meines Herzens besorgt waren und mich deshalb baten, Jesus in „mein Herz aufzunehmen“. Obwohl ich ihren christlichen Eifer durchaus zu schätzen wusste, war ich dennoch über ihre Herangehensweise beunruhigt. Wenn Jesus darauf wartete, dass ich ihm „meine Herzenstür“ zu meiner Errettung öffnete, dann wusste ich, dass die Tür niemals aufgehen würde.

Wie wird Jesus dargestellt?

Diese Methode der Evangelisation hat verheerende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Menschen Jesu Ruf zur Buße und zum Glauben hören. Jesus wird nicht mehr als der inthronisierte König dargestellt, der durch seine Verkündiger den Ruf ergehen lässt: „Küsst den Sohn, dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem Weg“ (Ps 2,12).

Stattdessen haben wir Ihn zu einem Bittsteller auf den Knien gemacht, der verzweifelt hofft, dass wir Ihn annehmen werden – als wenn Er derjenige wäre, der unsere Erlaubnis bräuchte! Auf diese Weise haben wir die Notwendigkeit, Ihn ernst zu nehmen, heruntergespielt. Wenn Jesus mich liebt und einen wunderbaren Plan für mein Leben hat, wie es heute oftmals im Zuge der Aufforderung, Jesus in mein Herz einzuladen, geschieht, dann spielt es eigentlich keine Rolle ob ich Ihn hereinlasse, oder?

Die Vorstellung von Jesus, wie er an die Tür unseres Herzens klopft wird für gewöhnlich von Offenbarung 3,20 abgeleitet: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen und er mit mir.“ Dieser Vers bezieht sich jedoch nicht auf den Herzenszustand einer einzelnen Person, sondern ist ein Aufruf an die Gemeinde in Laodizea, Buße darüber zu tun, dass sie von der Verkündigung des Evangeliums abgewichen sind.

Viele Gelehrte weisen darauf hin, dass die Stadt Laodizea keinen Zugang zu eigenem Trinkwasser besaß und daher auf heiße Quellen angewiesen war, dessen Wasser über Kanäle in die Stadt geleitet wurden. Aber oftmals war das Wasser, wenn es dann in der Stadt angekommen war, verschmutzt, lauwarm und unbrauchbar. Jesus vergleicht den geistlichen Zustand der Gemeinde mit diesem lauwarmen Wasser. So wie sie selbst ihr eigenes Wasser manchmal ausspuckten, so verheißt Jesus ihnen, dass Er sie ausspucken wird, weil ihre Werke für sein Reich unbrauchbar sind.

Das eigentliche Problem in Laodizea

Was war das eigentliche Problem in der Gemeinde in Laodizea? Jesus sagte, dass die Gemeinde sich selbst als reich bezeichnete. Die Menschen dort erkannten ihre geistliche Armut nicht und weigerten sich zu glauben, dass sie „Elende und bemitleidenswert und arm und blind und bloß“ waren (Offb 3,17). Die Gemeinde in Laodizea genoss ihren Reichtum, aber vergaß das Evangelium. Ihr Dienst war geprägt von Stolz und Selbstzufriedenheit. Dabei fehlte ihnen die Abhängigkeit von Jesus für ihr geistliches Leben und Glaubenszeugnis. Ihre Botschaft fing an, ihre Selbstbestimmung widerzuspiegeln. Der Dienst der Versöhnung – die Verkündigung von Jesu Leben, Tod und Auferstehung – stand nicht länger im Zentrum.

Stattdessen konzentrierten sie sich lieber auf ihre eigenen Pläne, Möglichkeiten und Vorstellungen, wie die Gemeinde ihrer Meinung nach aussehen sollte. Ihr Dienst führte nicht dahin, dass Menschen Jesus als den Retter von ihren Sünden erkannten, sondern wurde ein selbstgerechter Dienst. Sie hatten vergessen, dass Jesus nicht gekommen war, um die Gerechten zu rufen, sondern Sünder zur Umkehr (vgl. Lk 5,32).

In diesen Kontext spricht Jesus seine ernste Warnung an die Gemeinde aus: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an.“ Dieses Klopfen ist ein Klopfen der Zurechtweisung und des Gerichts über eine Gemeinde, die ihre Mission vergessen hatte. Wenn Jesus zur Gemeinde nach Laodizea kam, was würde er vorfinden? Wenn die Gemeinde sich weigerte auf Ihn zu hören, würde Er die Tür öffnen und zum Gericht eintreten. Aber wenn die Gemeinde die Tür öffnete und auf seinen Ruf hin Buße täte, dann würde Er zu ihnen hineinkommen, um mit ihnen zu essen und Gemeinschaft zu haben.

In Offenbarung 3,20 sehen wir Jesus nicht an der Tür auf den Knien, wie er um Einlass bettelt. Wenn wir hier eine Anwendung für den Einzelnen ableiten, dann ist es eine Warnung an alle, die vorgeben, an Christus zu glauben, verbunden mit dem Aufruf Buße zu tun, wenn sie nicht hart von Gott erzogen werden möchten.

Im Kontext jedoch ist der Vers eine Aufforderung an die gesamte Gemeinde, Buße darüber zu tun, dass man sich zu sehr auf den Wohlstand verlassen hat, während man die Botschaft, die einer verlorenen Welt das Leben bringt, vernachlässigt hat. Die Weigerung, davon Buße zu tun, wird Jesu Züchtigung der Gemeinde sein.

Wenn die Botschaft von Jesu Leben, Tod und Auferstehung zugunsten des Vertrauens in die eigenen Möglichkeiten vernachlässigt wird, dann handeln wir nicht länger als die wahre Gemeinde und riskieren es, ausgestoßen zu werden. Diese Warnung ist für die heutige Gemeinde noch genauso aktuell wie damals für die Gemeinde in Laodizea im ersten Jahrhundert. Dienen alle unsere Gebäudeprojekte und Anstrengungen, um die Gemeinde zu vergrößern unserem Zeugnis, dass wir treue Zeugen im Namen Jesu sind oder sollen sie lediglich dazu dienen, dass wir uns besser fühlen? Es war genau diese Sorge in Offenbarung 3,20, die Jesu dazu veranlasste, an die Gemeindetür in Laodizea zu klopfen. Die Gemeinde sollte niemals vergessen, warum sie existiert – um das Evangelium einer verlorenen Welt zu verkündigen.

© Ligonier Ministries @ Tabletalk Magazine. Die Wiedergabe erfolgte mit freundlicher Genehmigung.

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