4. Mose

Das 4. Buch Mose – Die beste Abhandlung über das Wesen der Gemeinde Gottes

Teil der Gemeinde Jesu Christi zu sein ist ein großes Vorrecht – und oftmals eine große Bürde. Warum Gemeinde oftmals beides zugleich ist, erklärt uns ein Buch im Alten Testament – das 4. Buch Mose.


Die Gemeinde Gottes ist eines der größten Mysterien dieser Welt! Jedes Mitglied einer christlichen Gemeinde, oder jemand, der die Christen gut beobachtet, wird feststellen, dass sie aus fehlerhaften Menschen besteht, die sich teilweise schlimmer verhalten als Nicht-Christen. Andererseits wird man bei diesen Menschen ebenfalls eine Heiligkeit und die lebendige Kraft Gottes feststellen, die sich in der Summe schwerlich wegerklären lässt.

Dieses Paradoxon kommt deswegen zustande, weil wir es bei der Gemeinde Gottes mit fehlerhaften Menschen zu tun haben, die jedoch durch die Gnade Gottes verändert wurden und werden.

In der Bibel gibt es kein anderes Buch, das diesen Widerspruch so anschaulich darstellt wie das 4. Buch Mose.

Der Kontext von 4. Mose

Gott hatte die Israeliten aus Ägypten herausgeführt, um ihnen das Land Kanaan als zukünftigen Wohnort zu geben. Nachdem das Volk in der Wüste zwei Jahre lang Zeit hatte (vgl. 4. Mose 1,1), ihren Gott immer besser kennenzulernen, befahl dieser, das Volk zu zählen und sich für den anstehenden Marsch bereit zu machen.

Was nun in 4. Mose folgt, ist die beste Abhandlung über das Wesen der Gemeinde Gottes, die du überhaupt lesen kannst. In 4. Mose wird sowohl die dunkle Seite des menschlichen Herzens schonungslos offenbart als auch die wunderbare Gnade Gottes. Falls du der Meinung bist, dass das Volk Israel und die neutestamentliche Gemeinde Jesu nichts miteinander zu tun haben, dann lass mich dir ein paar Parallelen aufzeigen.

Paulus, der sowohl ein Israelit (seine Nationalität) und ein Christ war, schrieb:

Diese Dinge aber sind als Vorbilder für uns geschehen, damit wir nicht nach Bösem gierig sind, wie jene gierig waren. […] Alles dies aber widerfuhr jenen als Vorbild und ist geschrieben worden zur Ermahnung für uns, über die das Ende der Zeitalter gekommen ist. Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle. (1. Korinther 10,6.11)

Nach Paulus hat das, was wir im Alten Testament über das Volk Israel lesen, großen pädagogischen Wert für die neutestamentliche Gemeinde. Ich möchte das nun konkret anhand von 6 Beispielen verdeutlichen.

6 Parallelen zwischen Israel und der Gemeinde

1. Gläubige können sehr wankelmütig sein

Was erwartet man von Menschen, die wie niemand sonst auf der Welt Gottes Allmacht so deutlich anhand der Zehn Plagen, der Teilung des Schilfmeeres und durch wundersames Manna zu spüren bekamen? Logisch, sie würden sofort alles glauben, was Gott verspricht und würden sich um die Zukunft keine Sorgen mehr machen, weil sie wüssten, dass Gott imstande ist, sich um alle Belange zu kümmern.

Sofern dieselben Menschen Gottes Heiligkeit in einzigartiger Weise demonstriert bekamen und bereits erlebt hatten, dass Gott sowohl segnet als auch straft, so würde man zurecht erwarten, dass es keine gottesfürchtigeren Menschen geben würde als sie, richtig?

Nun, dass sollte man erwarten und tatsächlich beginnt 4. Mose recht positiv. Die ersten zehn Kapitel sind wie die ersten zehn Tage in einer neuen Gemeinde – alles ist wunderbar. So lesen wir, dass das Volk Israel den göttlichen Anweisungen in Bezug auf die Volkszählung und die Weihe der Leviten für den Dienst an der Stiftshütte Folge leistete (vgl. 4. Mose 8,4.20.22 und 9,5). Auch beteiligten sich alle zwölf Stammesfürsten an den Gaben für die Stiftshütte. Alles wurde akribisch aufgeschrieben und befolgt (vgl. 4. Mose 7).

Und dann, als die Israeliten gerade aufgebrochen waren, beschwerten sie sich, weil ihnen der Speiseplan zu einseitig war, und wünschten sich nach Ägypten in die Sklaverei zurück (vgl. 4. Mose 11)! Man sollte es nicht für möglich halten. Die Israeliten taten so, als hätten sie niemals die starke Hand Gottes erlebt und waren absolut respektlos Gott gegenüber, der sie bisher so wunderbar geführt hatte.

Doch wir sollten die Israeliten hier nicht vorschnell verurteilen, weil wir uns als Christen häufig genauso aufführen. Wir behaupten Gott kennengelernt zu haben und nach seinen Maßstäben zu leben. Aber so häufig widerspricht unser praktisches Leben dieser Behauptung. Jakobus schreibt dazu treffend:

Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen! (Jakobus 1,22)

2. Die Gemeinde braucht Leitung

Ohne die Hilfe und Leitung von Mose und Aaron hätte das Volk keinen Fuß aus Ägypten gesetzt. Menschen brauchen Führung und Mose war treu in der Aufgabe als Leiter, wie Hebräer 3,5 es ausdrückt: Mose war zwar in seinem ganzen Haus als Diener treu – zum Zeugnis von dem, was verkündigt werden sollte. Er nahm sich die Zeit, mit Gott zu reden, belehrte das Volk und stand für sie ein als Gott sie vernichten wollte, weil sie sich als abgrundtief boshaft erwiesen (vgl. 4. Mose 14).

Ebenso diente der ganze Stamm Levi stellvertretend für das Volk an der Stiftshütte und bekam kein eigenes Land als Erbbesitz (4. Mose 1,48-54 und 3-4). Im Gegensatz dazu sollte das Volk die Leviten mit Unterhalt versorgen und ihnen bestimmte Städte und Weideplätze kostenlos zur Verfügung stellen (vgl. 4. Mose 18 und 35).

Diese Leitungsprinzipien finden sich auch in der neutestamentlichen Gemeinde wieder: Eine Gemeinde braucht Älteste und Diakone; Menschen, die sich besonders Zeit für Gottes Wort und die Lehre nehmen und sich um die geistlichen Bedürfnisse der Gläubigen kümmern. Im Gegensatz dazu soll die Gemeinde ihre Leiter in Ehren halten. Paulus schrieb: (1. Timotheus 3,1 und 5,17).

3. Nicht alle Mitglieder der Gemeinde sind echte Gläubige

Wenn uns 4. Mose irgendetwas lehrt, dann die Tatsache, dass nicht alle Israeliten wahre Gläubige waren. Genauso wenig sollten wir davon ausgehen, dass alle Mitglieder einer christlichen Gemeinde tatsächlich rettenden Glauben besitzen. Das Alte und das Neue Testament lehren, dass es eine Gemeinde Gottes innerhalb der Gemeinde gibt. Letztere sind die Menschen, die wir zahlenmäßig erfassen können, da sie beispielsweise im Mitgliederverzeichnis einer Gemeinde stehen.

Erstere machen das wahre Volk Gottes aus, also Menschen, die tatsächlich das Evangelium gehört und im Glauben angenommen haben und wahrhaft Kinder Gottes sind (vgl. Joh 1,12). In Römer 9,6-7 schreibt der Apostel Paulus:

Es ist nun nicht etwa so, dass Gottes Zusagen hinfällig geworden wären. Aber es gehören eben nicht alle Israeliten zum wahren Israel. Nicht alle, die von Abraham abstammen, sind deshalb schon seine wahren Kinder. Vielmehr war zu Abraham gesagt worden: „Als deine Nachkommen sollen die gelten, die von deinem Sohn Isaak abstammen.“

Was Paulus hier sagt, und wir in 4. Mose deutlich sehen, ist, dass nicht alle Israeliten automatisch zu Gottes erwähltem Volk gehörten (im Sinne von tatsächlich errettet), nur weil sie von Geburt an Israeliten waren. Ebenso wenig können wir davon ausgehen, dass jeder, der sich als Christ bezeichnet wirklich zur wahren Gemeinde Gottes gehört. Warum?

Nun, in 4. Mose lesen wir von offenkundigem Unglauben vonseiten vieler Israeliten, der sich in Rebellion, Ungehorsam und Götzendienst ausdrückte. Es ist bezeichnend, dass sich sowohl Paulus als auch der Autor des Hebräerbriefes auf die böse Generation der Wüstenwanderung beziehen, wenn sie die neutestamentlichen Gläubigen vor der Gefahr eines unechten Glaubens warnen:

Noch einmal zurück zu der bereits zitierten Schriftstelle: „Wenn ihr heute die Stimme Gottes hört, dann verschließt euch seinem Reden nicht wie damals, als gegen ihn rebelliert wurde!“ Wer hatte denn Gottes Stimme gehört und sich dann trotzdem gegen ihn aufgelehnt? War es nicht das gesamte Volk, das unter der Führung des Mose aus Ägypten gezogen war? Wer erregte denn vierzig Jahre lang Gottes Widerwillen? Waren es nicht die, die gegen ihn sündigten und deren Leben deshalb in der Wüste endete? Und wen meinte Gott, als er schwor: „Niemals sollen sie an meiner Ruhe teilhaben!“? Er sprach von denen, die sich weigerten, auf ihn zu hören. (Hebräer 3,15-18)

Und 1. Korinther 10,6-10:

Was damals mit unseren Vorfahren geschah, ist eine Warnung an uns: Unser Verlangen darf nicht auf das Böse gerichtet sein, wie es bei ihnen der Fall war. Werdet keine Götzendiener, wie manche von ihnen es waren. Es heißt ja in der Schrift: „Das Volk feierte ein Fest zu Ehren des goldenen Stieres; man setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und dann wurde wild und zügellos getanzt.“ Auch auf Hurerei dürfen wir uns nicht einlassen, wie manche von ihnen es taten. Ihre Unmoral wurde damit bestraft, dass an einem einzigen Tag dreiundzwanzigtausend von ihnen umkamen. Wir müssen uns davor hüten, Christus herauszufordern, wie manche von ihnen es taten, worauf sie von Schlangen gebissen wurden und starben. Hütet euch davor, euch gegen Gott aufzulehnen und ihm Vorwürfe zu machen, denn manche von ihnen wurden deshalb von dem Engel des Gerichts getötet.

In 4. Mose wurde durch die Prüfungen Gottes die Spreu vom Weizen getrennt. Die Wenigsten von ihnen bestanden. Daraus sollten wir lernen. Sicherlich bedeutet das nicht, dass echte Gläubige sündlos sind (siehe Punkt 5 weiter unten). Aber was uns rettet, verändert und zu wahren Kindern Gottes macht, ist das Wirken Gottes an unseren Herzen, wenn wir das Evangelium hören und mit Glauben und Buße darauf reagieren. Die Teilnahme an Gemeindeveranstaltungen oder die formale Kirchenmitgliedschaft bewirkt an sich keine Veränderung.

4. Bei Missachtung der Verheißungen Gottes erfüllt die Gemeinde ihre Bestimmung nicht

Das vielleicht tragischste Ereignis nach dem Sündenfall ist der mangelnde Unglaube der Israeliten in 4. Mose 13 und 14. Hier kommen wir zum zentralen Ereignis. Sie hatten Gottes Allmacht in radikaler und deutlicher Weise erlebt. Sie hatten allen Grund ihm zu vertrauen, dass er sie in das verheißene Land bringen würde. Doch als die zwölf Kundschafter zurückkamen und von den befestigten Städten und Kriegern berichteten, glaubte das Volk – bis auf ein paar wenige Ausnahmen – nicht, dass Gott seine Verheißungen erfüllen könnte.

So verfielen sie in Undankbarkeit und ihr Unglaube hatte vierzig Jahre Wüstenwanderung zur Folge, die eine ganze Generation das Leben kostete. Diese Generation sollte für die heutige Gemeinde eine ernste Warnung sein, nicht denselben Fehler zu begehen und den Verheißungen Gottes zu misstrauen. Denn sollten wir das tun, sind wir nicht imstande, gemäß unserer Bestimmung zu leben, was Gottes Korrektur nach sich zieht.

In dem hilfreichen Buch „Gottes Plan – kein Zufall“ schreibt der Autor:

„Wenn wir Glauben an Christus besitzen, dann sind auch wir durch ein Passahopfer (Jesus, nicht ein Lamm) von der Sklaverei befreit worden (der Sünde gegenüber, nicht gegenüber Ägypten), und wir sind bereit für eine Reise in das verheißene Land (in den Himmel, nicht nach Kanaan). Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht aufgrund von Sünde oder Unglauben fallen, sondern beständig auf Gott vertrauen, bis wir das Ziel erreicht haben.“ (S. 70).

5. Auch wahre Gläubige sind mit Fehlern behaftet

4. Mose lehrt uns auch, dass selbst wahre Gläubige Zeiten der Schwäche und des mangelnden Glaubens haben. Das deutlichste Beispiel dafür ist der Unglaube Moses und Aarons selbst. In 4. Mose 20 lesen wir, wie Gott dem durstigen Volk Wasser aus dem Felsen geben möchte. Dazu sollte Mose lediglich ein Machtwort sprechen, stattdessen schlug er mit seinem Stab zweimal auf den Felsen. Was für uns wie eine unwichtige Nebensächlichkeit aussieht, war in Gottes Augen ein Akt des Unglaubens, und die Konsequenzen für Mose und Arron fielen hart aus.

Da sprach der HERR zu Mose und zu Aaron: Weil ihr mir nicht geglaubt habt, mich vor den Augen der Söhne Israel zu heiligen, darum sollt ihr diese Versammlung nicht in das Land bringen, das ich ihnen gegeben habe. (4. Mose 20,12)

Einen schweren Fehler beging auch Mirjam, die Schwester Moses und Aarons, als sie ungerechtfertigt ihren Bruder Mose kritisierte und dafür mit sieben Tagen Aussatz gestraft wurde (vgl. 4. Mose 12). Diese Beispiele lehren, dass auch Gläubige ihre Fehler haben und Gott seine Kinder erzieht, wenn gleich er sie nicht verloren gehen lässt.

6. Gott steht trotz allem zu seinem Volk

Das vielleicht Erstaunlichste an 4. Mose ist, dass es uns von der großen Gnade Gottes berichtet. Bei all den Sünden, die seine Gemeinde auch vorweist, wacht er dennoch über sie. Das sehen wir in 4. Mose 22 bis 24 veranschaulicht. Wir lesen dort, wie der moabitische König Barak den Propheten Bileam anheuerte, damit er Israel im Namen Gottes verfluchen sollte. Man sollte meinen, dass Gott dem gerne nachgekommen wäre oder dass er es teilweise sogar getan hat, indem er alle die gottlosen Israeliten sterben ließ.

Doch die Unfähigkeit Israel zu verfluchen, zeigt mehr als deutlich, dass Gott seine wahren Gläubigen zu bewahren weiß. So ist Bileam am Ende gezwungen zu bekennen:

Er [Gott] erblickt kein Unrecht in Jakob und sieht kein Verderben in Israel; der HERR, sein Gott, ist mit ihm, und Königsjubel ist in ihm. (4. Mose 23,21)

Was für die Gläubigen des Alten Testaments galt, gilt gleichermaßen für die Gläubigen des Neuen Testaments, denn Paulus stellt die rhetorische Frage, die nur mit „Nein“ beantwortet werden kann: Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? (Römer 8,33). Die vermutlich schönste Verheißung für die Gemeinde in 4. Mose steht in Kapitel 23,19:

Nicht ein Mensch ist Gott, dass er lüge, noch der Sohn eines Menschen, dass er bereue. Sollte er gesprochen haben und es nicht tun und geredet haben und es nicht halten?

Zweifellos ist 4. Mose sehr gehaltvoll. Sofern du noch kein Christ bist, kann es dir verstehen helfen, warum die christliche Gemeinde oftmals so widersprüchlich aussieht. Denn 4. Mose zeigt sowohl die Schwachheiten von uns Menschen auf als auch die Gnade Gottes. Beides wird uns bis zum letzten Tag begleiten. Wenn du aber Christ bist, solltest du 4. Mose lesen, um das Wesen der Gemeinde besser zu verstehen. Vielleicht bist du frustriert über den Zustand der Gemeinde Jesu, was mich nicht verwundern würde. Dann wirst du in 4. Mose die Gründe für die vielen Schwächen, aber auch die Hoffnung auf die Zukunft sehen.

Sofern du Christ in einer Leitungsfunktion bist, wird 4. Mose dir helfen, den Blick für die Realität des Dienstes im Reich Gottes zu schärfen. Mose, einer der größten geistlichen Leiter, hat dir ein wichtiges Vorbild hinterlassen, sowohl im Positiven, als auch im Negativen. Falls du im Dienst stehst und neue Impulse brauchst, empfehle ich dir: Lies 4. Mose!

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