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Wurde an den Teufel ein Lösegeld bezahlt?

Wir waren dabei, das Abendmahl zu feiern. Ein lieber Bruder, der an diesem Tag das Abendmahl leitete, erzählte begeistert über das Sühnewerk Jesu und beschloss, dies mit einer Geschichte zu illustrieren, die er bei einem bekannten evangelikalen Autor gelesen hatte. Die Geschichte ging etwa so:

„Jesus ist mit dem Teufel in einem Streitgespräch. Es geht um die verlorenen Menschen. Jesus fragt Satan: ‚Was verlangst du von mir für die Befreiung der Menschen?’ Darauf antwortete Satan: ‚Dein eigenes Leben, dein eigenes Blut.’ Da antwortete Jesus: ‚Abgemacht!’ Und er ging hin und bezahlte den Preis für uns mit seinem eigenen Blut.“

Ich war völlig perplex und sprach den Bruder anschließend darauf an. Er verteidigte sich freundlich und meinte, dass es ja auch nur eine ausgedachte Geschichte sei, was er ebenfalls im Vorfeld erwähnt hatte. Das machte die Sache jedoch nicht besser. 

Sicherlich können Geschichten hilfreich sein, um komplexe biblische Wahrheiten zu veranschaulichen. Doch in diesem Fall illustrierte die Erzählung nichts, sondern gab dem Sühnewerk Jesu eine Bedeutung, die sich nicht mit der Bibel begründen lässt. Die Vorstellung, dass Jesus die Seelen der Menschen aus der Gewalt Satans, dem personifizierten Bösen, freikaufte, mag uns sehr attraktiv erscheinen, weil es den Opfertod Jesu irgendwie „spannender“ und heldenhafter erscheinen lässt, als wenn Satan nur eine Randfigur in der großen Heilsgeschichte Gottes ist. Denn nach dieser Vorstellung schwingt Satan sich zum großen Bösewicht auf, der die verlorenen Seelen mit eisernem Griff festhält und in der Lage ist, über den Wert dieser Seelen zu bestimmen. 

Keine Frage, wir Menschen lieben Geschichten über Helden, die die Konfrontation mit dem Bösen nicht scheuen und notfalls bereit sind, ihr Leben zum Wohl anderer zu opfern. Vermutlich ist das einer der Gründe, warum Die Chroniken von Narnia von C. S. Lewis so beliebt sind. Denn im ersten Band Der König von Narnia, opfert sich der Löwe Aslan, die eindeutige Christusfigur im Buch, für den schuldigen Edmund, indem er sich selbst durch der Hand der bösen Hexe töten lässt, damit Edmund verschont werden kann. Zuvor sagte die Hexe zu Aslan:

Du kennst den tiefen Urzauber, den der Herr der Herren bei Weltbeginn Narnia auferlegt hat. Du weißt genau, dass jeder Verräter laut Gesetz mir gehört, dass ich das Recht habe, jeden Treubruch zu richten. Ich habe das Recht zu töten. Du bist der Letzte, der das vergisst.“ […] „Und deshalb“, fuhr die Hexe fort, „gehört dieses Menschenwesen mir. Sein Leben ist mir verfallen, und sein Blut ist mein Eigentum.[

C. S. Lewis, Die Chroniken von Narnia – Der König von Narnia, Brendow, S. 119.

In den Narnia Chroniken besitzt die Hexe weitaus mehr Macht über das Leben der Geschöpfe als die Bibel Satan zugesteht. Im Falle von C. S. Lewis mag das weniger ein Problem sein, da seine Geschichte ganz eindeutig in einer Fantasiewelt spielt. Hier gilt es klar zwischen Fiktion und biblischer Wahrheit zu unterscheiden. Die fiktive Geschichte um Aslan und die Hexe kann uns eine grundlegende biblische Wahrheit neu vor Augen malen, damit wir wieder neu darüber staunen, wie zum Beispiel, dass der König bereit ist, für seine Untertanen zu sterben. In ihr jedoch eine akkurate Nacherzählung der biblischen Sühnelehre zu sehen, wäre zu weit gegriffen und war vermutlich nicht das Anliegen des Autors. 

Spricht die Bibel nicht von einem Lösegeld?

Tatsächlich spricht die Bibel in Zusammenhang mit der Seele eines Menschen mehrfach von einem Lösegeld. Im Gesetz des Mose wird davon gesprochen, dass bei bestimmten Rechtsstreitigkeiten der Geschädigte dem Täter anstelle der Todesstrafe eine Geldbuße auferlegen konnte. Somit bestand für den Täter die Möglichkeit, sich seine Freiheit zu „erkaufen“:

Falls ihm aber ein Sühnegeld auferlegt wird, so soll er als Lösegeld für sein Leben alles geben, was ihm auferlegt wird.

2. Mose 21,30

Etwas später lesen wir davon, dass bei der Musterung der Söhne Israel eine Abgabe für das Heiligtum erhoben wurde. Dort sagte Gott zu Mose:

Wenn du die Gesamtzahl der Söhne Israel aufnimmst nach ihren Gemusterten, dann sollen sie bei ihrer Musterung ein jeder dem HERRN ein Lösegeld für sein Leben geben, damit bei ihrer Musterung keine Plage über sie kommt.

2. Mose 30,12

Dieser Betrag war für alle gleich und sollte vermutlich symbolisieren, dass Sühnung (die im Heiligtum in Form von Tieropfern vollzogen wurde) etwas kostet. Dass der Preis für unsere Schuld nicht wirklich mit Geld aufzuwiegen ist, wird bereits im Alten Testament bekräftigt. Denn in Psalm 49,8-9 heißt es:

Niemals kann ein Mann seinen Bruder loskaufen, nicht kann er Gott sein Lösegeld geben – denn zu kostbar ist das Kaufgeld für ihre Seele, und er muss davon ablassen auf ewig.

Psalm 49,8-9

Wichtig zu beachten ist, dass hier Gott als der Empfänger des Lösegeldes gesehen wird – und nicht Satan!

Im Neuen Testament ist es dann Jesus selbst, der unser Unvermögen mit deutlichen Worten aufzeigt:

Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber sein Leben einbüßte? Oder was wird ein Mensch als Lösegeld geben für sein Leben?

Matthäus 16,26

Dass ein Preis bezahlt werden muss, ist ebenso klar, wie die Tatsache, das wir nichts haben, womit wir diesen Preis entrichten könnten. Deshalb sagte Jesus von sich:

Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.

Markus 10,45

Die Frage ist nun: An wen wurde dieses Lösegeld gezahlt – an Gott oder an Satan? Es stimmt, dass die Bibel Satan eine bestimmte Macht zugesteht. Die ausführlichste Stelle ist vermutlich Hebräer 2,14-15:

Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise daran Anteil gehabt, um durch den Tod den zunichte zu machen, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und um alle die zu befreien, die durch Todesfurcht das ganze Leben der Knechtschaft unterworfen waren.

Hebräer 2,14-15

Was bedeutet es, dass Satan die Macht des Todes hat? Die Bibel lehrt, dass es Satan war, der die Menschen zur Sünde verführte (vgl. 1. Mose 3,13). Und „der Lohn der Sünde ist der Tod“ (Römer 6,23). Satan tritt heute als Ankläger der Menschen auf, der ihre Schuld vor Gott in Erinnerung bringt (vgl. Sacharja 3,1; Offenbarung 12,10). Es war Gott, der für die Übertretung seines Gebotes die Todesstrafe verhängte. Satans kann lediglich auf unsere Sünde hinweisen und uns anklagen. 

Wenn es um die Zahlung eines Lösegeldes, und die Versöhnung zwischen Gott und Menschen geht, spielt Satan keine Rolle – nicht einmal eine untergeordnete! 

Versöhnung ist alleine Gottes Werk – und zwar in jeder Hinsicht!

Petrus erinnert die Christen an das Sühnewerk Jesu, wenn er schreibt:

Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines Lammes ohne Fehler und ohne Flecken. Er ist zwar im Voraus vor Grundlegung der Welt erkannt, aber am Ende der Zeiten offenbart worden um euretwillen, die ihr durch ihn an Gott glaubt, der ihn aus den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit gegeben hat, sodass euer Glaube und eure Hoffnung auf Gott gerichtet ist.

1. Petrus 1,18-21

Es war Gott, der die Erlösung plante und vollbrachte, um uns mit sich selbst zu versöhnen. So sagt es auch Paulus in 2. Korinther 5,18-19:

Alles aber von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat, nämlich dass Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnete und in uns das Wort von der Versöhnung gelegt hat.

2. Korinther 5,18-19

Wir haben Gottes Gesetz übertreten und daher müssen wir auch mit ihm versöhnt werden. Und das Evangelium besteht darin, dass Gott dies getan hat:

Das Gesetz des Mose war dazu nicht imstande [uns zu erretten]; es scheiterte am Widerstand der menschlichen Natur. Deshalb hat Gott als Antwort auf die Sünde seinen eigenen Sohn gesandt. Dieser war der sündigen Menschheit insofern gleich, als er ein Mensch von Fleisch und Blut war, und indem Gott an ihm das Urteil über die Sünde vollzog, vollzog er es an der menschlichen Natur. So kann sich nun in unserem Leben die Gerechtigkeit verwirklichen, die das Gesetz fordert, und zwar dadurch, dass wir uns vom Geist ´Gottes` bestimmen lassen und nicht mehr von unserer eigenen Natur.

Römer 8,3-4 (NGÜ)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vorstellung, Satan könne irgendeinen Anspruch auf uns Menschen stellen, der Bibel vollkommen fremd ist. Als Jesus seinen Zuhörern sagte: „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als auch Leib zu verderben vermag in der Hölle!“ (Matthäus 12,28), hat er nicht von Satan geredet, sondern von Gott (vgl. V.29)!

Wie tröstlich ist es doch zu wissen, dass Gott in seiner Gnade nicht sein gerechtes Urteil als Weltenrichter erbarmungslos durchzieht, sondern sich durch Christus mit uns versöhnte!


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Andreas Münch

Andreas Münch ist Mitarbeiter der Herold-Schriftenmission. Nebenher studiert er Theologie am Martin-Bucer Seminar. Andreas ist verheiratet mit Miriam und Vater von drei Söhnen.


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